Sonntag, 23. Oktober 2016

Kalaharie Augrabies etreme Marathon 2016


17. Kalahari Augrabies Extrem Marathon
(13.10. – 23.10.2016)
Kategorie:              Männer und Frauen  

Start Nummer:        360 

Rang Overall:         14. Rang von 49 gestarteten und total 43 qualifizierten (M+F)

Rang Männer:        11. Rang  von 30 gestarteten und total 25 qualifizierten (M) 

      Etappe 1:         03:51,50       km 26        Rang Overall  16     Tagesrang M 12

      Etappe 2:         04:33,10       km 33        Rang Overall  13     Tagesrang M 10

      Etappe 3:         05:57:55       km 39        Rang Overall   15    Tagesrang M 12

      Etappe 4:         10:58:40       km 79        Rang Overall   15    Tagesrang M 12

      Etappe 5:         06:15,45       km 45        Rang Overall   14    Tagesrang M 11

      Etappe 6:         03:21,05       km 27        Rang Overall   21    Tagesrang M 15

Total Zeit:               34:58,25 Std.

Total km                 248
 
 
KAEM Route 2016

«Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.» Franz Kafka (1883-1924)
 


Dienstag, 11.10.16
Fast pünktlich um 20.30 Uhr treffen wir uns am Checkpoint 1 Flughafen Zürich Kloten. Luigi hat zuerst bei Checkpoint 3 gewartet. Mit Moni Trinken wir noch etwas zusammen und dann machen wir uns auf den Weg zum Gate. Der Flug wird auch diesmal bis auf den letzten Platz gefüllt  sein und dann, so Gott will, nach rund 10 ½ Stunden in Johannesburg ankommen. Die einen geschäftlich, die andern Ferienhalber und zwei speziell Verrückte machen sich auf den Weg zur Grenze nach Namibia, zum Joggen in der Wüste Kalahari.  

 
 
Mittwoch, 12.10.16
Geschlafen hab ich nicht gut die letzte Nacht.  Ziemlich eng war es aber man kennt das ja.
Nach der Landung haben wir uns auf einen längeren Prozess bei der Einwanderungsbehörde eingestellt. Der Menge nach zu urteilen wird es ca. 1 ½ bis 2 Stunden dauern bis wir durch den Zoll sind. Doch dann hat sich zum Glück  plötzlich eine Lücke aufgetan und innerhalb einer ½ Stunden haben wir passiert. In der grossen Halle hat uns bereits Josef aus Wien erwartet. Das war für uns beide eine riesen Freunde, sind wir doch bereits letztes Jahr zusammen in der Kalahari gewesen. Damals noch mit Ambros und diesmal mit Luigi. Nach der Begrüssung haben wir uns gleich auf den kurzen Weg zum vorreservierten Hotel gemacht. Die Zimmer konnten wir noch nicht beziehen. Nach einem Drink und dem ersten Austausch nach einem langen / kurzen Jahr haben wir uns mit einem Taxi auf den Weg zum Nelson Mandela Square begeben. Einem grossen Einkaufszentrum. Man glaubt es ja kaum, auch Männer haben anscheinend ein Flair zum Shoppen. Oder geht es in Wahrheit nur darum das nötige Souvenir oder Geschenk für die Liebsten frühzeitig zu besorgen? Josef hat dann auch bereits das erste Geschenk für die Schwiegermutter gekauft, ein bemaltes Straussenei. Nicht für meinen Geschmack aber ihr gefällt es sicher und das ist die Hauptsache. Nach einem Café im „Joburg Hardrock Café“ ging es zurück zum Hotel. Das Nachtessen nehmen wir in einer Pizzeria beim Spiel-Casino ein. Das Hotel in dem wir untergebracht sind, gehört zu einem riesigen Unterhaltungskomplex und Casino, mit hunderten von einarmigen Banditen, Pokertischen und weiteren Glücks- oder eben Unglücks Orten, wo man sein Geld schnell loswerden kann. Aber was sollen wir denn da unser Glück herausfordern? Wir wissen alle, dass unser Glück beim gemeinsamen Laufen in der Kalahari liegt. Also konnten wir alle der Versuchung ohne Probleme wiederstehen.
Um 21.30 Uhr waren wir im Zimmer und eigentlich hätte ich keine Schlaftablette gebraucht. Trotzdem wollte ich diese welche mir Peter mitgegeben hat, einmal testen. Luigi meinte, dass ich nach 3 Minuten weg- und nicht mehr ansprechbar war. Jedenfalls habe ich 9 Stunden durchgepennt. Wann gab’s denn dass zum letzten Mal?
 
 
Josef, Luigi, Ste
 
Donnerstag, 13.10.16
Wir haben deftig gefrühstückt, man weiss ja nie wann es wieder etwas zu Essen gibt.  So langsam aber sicher, trifft man hier und dort auch Gleichgesinnte,  Kollegen und Kolleginnen und stellt sich nach kurzer Bemusterung vor. Irgendeiner kennt ja dann auch irgendeinen oder eine welche man an einem anderen Abenteuerlauf schon getroffen hat oder vom Hören sagen her kennt. Das Einchecken ging eigentlich ganz flott daher, natürlich aber bei vielen mit einigen Kilos zusätzlichem Übergewicht.  Dieses musste dann auf das Handgepäck verteilt werden um den Übergewichtskosten zu entgehen.  Nach dem Passieren des Zoll`s war dann  wieder Warten angesagt. Und nach und nach, bevor es weiter Richtung Norden ging, kamen dann weitere bekannte Gesichter vom Vorjahr dazu. Man musste als unbeteiligter kein Hellseher sein um zu erkennen wer hier einen Trip in den heissen Norden bzw. den südlichsten Punkt der Kalahari Wüste unternahm. Somit war der Flieger Schlussendlich praktisch nur mit Kalahari Läufern gefüllt. Von Upington ging es die letzten Kilometer per Bus Richtung Augrabies  Falls weiter. Hier  wurden wir von Nadia, Hermine und den anderen herzlich empfangen. Es ist halt schon etwas Besonderes, Teil dieser kleinen, grossen herzlichen Familie zu  sein. Kaum aus dem Bus gestiegen schreit dann auch jemand gleich meinen Namen. Habe mich sehr gefreut meine «Kalahari Lady», die Photografin Hermine wieder zu sehen. Sie ist diesmal mit Tochter und wie das letzte mal mit ihrem Mann dabei. Jetzt konnte ich ihr auch endlich das Swiss Army Knife schenken welches ich ihr schon im Vorjahr für die sensationellen Bilder geben wollte. Letztes Jahr hatte ich leider zu wenige dabei und als Dank für ihre wunderbaren tollen Fotos habe ich das gerne jetzt nachgeholt.
Die Wetterverhältnisse sind bis jetzt super und auch für die nächsten Tage sind angenehme Temperaturen zwischen 30-38° C angesagt. Da wäre ja mega wenn es nicht mehr gar so heiss wie im Vorjahr würde.
Bevor es zum Nachtessen ging bin ich mit Luigi noch zum Wasserfall spaziert. Ein sensationeller Sonnenuntergang sollte ein paar tolle Bilder zum Abschluss des  Tages ergeben. Bei Musik, Bier und einem ausgezeichneten Nachtessen haben wir unter dem „Augrabies“ Sternenhimmel den ersten Tag in dieser wunderbaren geheimnisvollen Gegend ausklingen lassen. Und jeder von uns hat wohl vor dem Einschlafen sich ein paar Gedanken gemacht wie es  einem in den nächsten Tagen wohl so ergehen wird. Eine wunderbare Vorfreude legte sich dann auch über mich.
 

 
Freitag, 14.10.16
Das Frühstück hat etwas länger gedauert als normal. Der Service war leicht überfordert. Um 10.30 Uhr hat Etienne der Renndirektor das Briefing gestartet welches eine voll Stunde dauerte. Erstaunt war ich über all die möglichen Gefahren wie Bienenschwärme, Feuer (Waldbrände) giftige Klapperschlangen und mögliche Besuche von Leoparden. Die Letzteren würde ich zwar gerne sehen. Kann mir aber nicht vorstellen, dass diese scheuen Tiere in die Nähe einer fast 50 köpfigen Läufertruppe kommen. «We will see»! Nach dem Briefing und dem Medical Check gab’s ein tolles Burger Buffet. Man merkte aber auch allen schon an, dass man nun eigentlich bereit wäre um loszulaufen und die Warterei langsam unerträglich wurde. Jetzt ging definitive das grosse Warten los. Wir haben uns die Wartezeit mit einem zügigen Spaziergang von 1 ½ Stunden um die Ohren geschlagen. Querfeldein ging es auf den Moon Rock hoch. Dieser «Berg» wird dann am 7. Tag der letzte Anstieg sein. Von Oben wird man bereits das Ziel sehen sowie das Bier schmecken und dann die letzten Meter (ca. 2 km) mit Freude und letzter Energie Abspulen. So stelle ich mir das jedenfalls in diesem Augenblick vor.
In der näheren Umgebung wurden wir dann noch Zeuge einer von Etienne genannten speziellen Gefahr. Ein Wald bzw. Buschbrand war weit herum zu sehen. Zurück im Camp mussten wir anschliessend den Durs mit je zwei Dosen Cola stillen. Es zeigt sich also, dass man ohne Wasser die nächsten Tage nicht allzu weit kommen wird. Dies bei immerhin zu erwartenden Höchsttemperaturen von 38 – 40° Cellsius.
Abends gab es dann nochmals ein tolles Buffet und um 21 Uhr waren wir bereits wieder im Chalet. Luigi hat noch einen speziellen Kampf mit seinem Rucksack und Gepäck ausgefochten. Auch ich habe meine letzten Sachen nochmals umgepackt und werde so mit ca. 10,5 loslaufen. Zum Glück wird der Rucksack dann aber auch von Tag zu Tag leichter, so dass wir dann hoffentlich auch etwas schneller vorwärts kommen werden.
Jetzt hoffen wir noch auf eine gute Nacht bevor dann morgen um 9 Uhr der Startschuss zur ersten Etappe mit 26 km gestartet wird.

Tag 1
Samstag, 15.10.16
                                                               26 km / 3 Checkpoints
Diese Nacht habe ich nicht mehr so gut geschlafen wie in den vorhergehenden Nächten. Eine leichte Nervosität macht sich doch langsam bemerkbar. Da kann man noch so «Cool» tun und meinen man hat genügend Erfahrung. Mich hat es jedenfalls wieder erwischt. Im Restaurant nehme ich noch mein letztes Frühstück ein und geniesse neben zwei Spiegeleiern und Muesli noch einen hoffentlich nicht letzten guten Kaffee.

Holger, Josef, Luigi, Ste vor dem Start
Im Startgelände werden die obligatorischen Fotos gemacht. Mal mit diesem Freund mal mit dieser Gruppe und auch mal ein Einzelportrait. Alles ist als Erinnerung für später gedacht. Und dann nach einer kurzen Ansprache von Etienne und dem Parkverantwortlichen werden wir auf die Piste geschickt. Endlich….
Das Feld zieht sich gleich in die Länge und wenn ich mich zurück erinnere haben sich sehr schnell klare Positionen im vorderen Teil gebildet. Auch ich hab mich gleich in der vorderen Gruppe eingereiht. Dieses Jahr werden wir das erste Wasserloch umlaufen und so die Füsse trocken halten. Aber nur für kurze Zeit. Gleich darauf hab ich mir beim nächsten Wasserloch die Schuhe ein erstes mal gereinigt. Geschafft, auch dieses Jahr ging es keine 5 km bis die Füsse das erste mal nass wurden. Es sollte aber im Rennen dann bis 1 km vor dem Zieleinlauf auch das letzte mal sein. Und bereits mussten wir uns auch auf die Knie begeben. Unter einem Zaun durch zu kriechen mit gefülltem Rucksack ist gar nicht so einfach. Der Rucksack machte sich auch bereits bemerkbar. Zwar hab ich das Gefühl, dass er gut gepackt ist aber über 10 kg rennend rumzuschleppen ist schon nicht so einfach. Nach km 7 werde ich von Altie und einem weiteren Läufer aus SA eingeholt. Ich lass mich aber nicht abhängen und bleibe den beiden bis ca. km 14 auf den Fersen. Altie war letztes Jahr immerhin zweitbeste Frau im Klassement. Jetzt merke ich aber doch, dass das Tempo für mich zu Beginn etwas zu hoch ist und so schalte ich einen Gang runter. Die Landschaft um uns herum erinnerte einen nun daran als wäre man auf dem Mond. Ein bisschen Felsig und Steinig wie bei einem Vulkanausbruch aber ganz speziell und auch surreal auf seine Art.


Nach CP2 ging`s dann auf einer leicht ansteigenden Strasse weiter bis CP3 zum Echo Corner. Jetzt nach 20 km gab`s die erste steilere Abwärtspartie zu einem See runter. Nicht ganz einfach für viele. Für mich als Swiss Mountain man aber kein Problem. Denkst, kurz zurückgeschaut und prompt den Fuss vertreten. Shit, aufpassen es liegen noch einige km vor mir! Nach 3 Kilometern dem See entlang ging es dann noch einem trockenen sandigem Flussbeet entlang bis zum ersten Camp. Geschafft, war aber doch ganz schön Anstrengend für den ersten Tag. Wenn das so weiter geht, dann steht mir aber noch viel schweisstreibende Arbeit bevor.
Im Gazebo No. 12 bin ich als erster eingetroffen und so präpariere ich bereits mal meine Matte und mache mir den ersten Regenerations Drink. Als nächster trifft Guiseppe ein. Nicht sehr Happy und mit schmerzverzehrtem Gesicht. Lief ihm wohl auch nicht all zu gut. Bereits erhalte ich auch die ersten E-Mails und zwar von Annemarie und Markus Jud. Ist doch ein Aufsteller. Und so warte ich auf meine Freunde Luigi und Josef die dann wie alle anderen langsam eintreffen werden. Diejenigen welche heute das erste mal eine Etappe gelaufen sind können sich nun langsam ein Bild machen, was in den nächsten Tagen so alles zu erwarten ist. Den Nachmittag vertreibt man sich mit Essen, Ruhen, Vorbereiten für den nächsten Tag und bis gegen 19.30 Uhr haben alle ihr Essen zu sich genommen und sind Schlaf bereit. Plötzlich ist es dann auch mehr oder weniger schnell ganz dunkel und somit verziehen sich alle unter das Gazebo oder suchen sich einen Platz unter dem Sternenhimmel.  So frühe Schlafenszeiten wird es in den nächsten Tagen noch öfters geben.

Tageszeit:        3:51.50
Overal:              16.
Overal Men:    12.
 

Miene Kalaharie Freunde
Tag 2
Sonntag, 16.10.16
                                                                33 km / 4 Checkpoints
Dank Peter`s Hilfe konnte ich diese Nacht sehr gut schlafen. Was so eine kleine Schlaftablette doch alles bewirken kann. Diesen Morgen wird der Start erstmals gestaffelt vor sich gehen. Die ersten starten um 7 Uhr und dann kommt die zweite Truppe um 7.30 Uhr und die letzte dann um 8 Uhr. Mit meiner Platzierung vom Vortag starte ich also mit der 7.30 Uhr Gruppe.
Ich stehe schon bereit da kommt doch der Campchef «Happy Campers» auf mich zu und fragt mich ob ich für einen kleinen Jok zu haben wäre. Die ersten 150 Meter bindet er mir einen Kanister an den Rucksack. Natürlich bin ich dabei und so laufe ich mit einem gefühlt vollen aber leeren Wasserkanister los. Es ist ein Gaudi für diejenigen die noch auf ihren Start warten müssen. Anschliessend geht’s dann aber zur Sache. Ein Läufer legt gleich im trockenen Flussbett vor und enteilt mir. Ich hinter her aber im Nacken hab ich bereits auch schon Morgan. Irgendwann nach ca. 3 km überholt mich auch noch Geert der Belgier. Ich lass mich aber nicht aus dem Rhythmus bringen und halte an meinem Tempo fest.


Luigi
Jedenfalls passiere ich als erster den CP1 nach harten 7.5 km. Luigi sitzt da und verpflegt sich. Er ist eine ½ Stunde vor mir losgelaufen. Es ist schon so, Luigi und viele andere die das erste mal an so einem Mehrtageslauf mitmachen müssen sich erst noch finden. Obwohl ich Luigi meine Liste mit den definierten Mengen Essen und auch Equipment vorgängig gegeben habe, hat er doch einiges an Mehrgewicht eingepackt. Die Angst zu wenig Essen oder warme Kleider dabei zu haben ist halt gross und latent vorhanden. Dies rächt sich aber auch beim Rennen, bzw. es kann dann gar nicht mehr gerannt werden sondern nur noch gelaufen. Was wiederum auch nicht einfach ist.

Josef treffe ich dann kurz nach CP1 auf der Strecke. Jetzt habe ich auch meinen Rhythmus gefunden und es läuft mir sehr gut und nach weiteren 6.5 km erreiche ich CP2. Kurz Wasser auffüllen, ein paar Nüsse, Nussstangen oder Datteln und gleich geht’s weiter. Jetzt kurz nach dem letzten CP werde ich von Dirk überholt. Er ist eine ½ Stunden nach mir losgelaufen. Nach CP 3 geht es unter einem Zaun durch, dh. wieder eine Übung um in die Knie zu gehen und dann rein ins berüchtigte Death Valley. Es ist eine faszinierend schöne Landschaft. Felsig, Sandig, leicht hüglig ansteigend, traumhaft. Und genau jetzt nachdem es bis jetzt stärker Bewölkt war kommt die Sonne durch und die Temperaturen steigen an. Das ist nun doch ganz schön anstrengend. Und nach CP4 wird’s nicht leichter. Die letzten 3.5 km laufen wir auf einer Schotterstrasse bis in Ziel. Schätze, dass ich so als 8-11 ins Ziel einlaufe. Das wäre ja mega super für mich. Bin gespannt wie sich das dann auf die Gesamtrangliste auswirken wird. Nach kurzer Verpflegung und einer wohltuenden Massage, vor allem den Rücken merke ich jetzt, kann ich entspannt die folgenden eintreffenden Läufern erwarten. Es lief mir wirklich super optimal und um einiges besser als am ersten Tag.
 

Tageszeit:        4:33.5010
Overal:              13.
Overal Men:    10.
 
Es läuft super, ich bin zufrieden
Tag 3
Montag, 17.10.16
                                                                 39 km / 4 Checkpoints
Puh, war eine sehr kalte Nacht heute. Irgendwie hat mein Schlafsack nicht genug Wärme abgegeben. Hab mich diese Nacht nicht unter das Gazebo gelegt, sondern etwas daneben um die Sterne vor dem Einschlafen zu studieren oder besser gesagt zu bewundern. Dafür erleben wir einen wunderschönen Tagesanbruch. Der silberne Mond am pastel blauen Himmel verschwindet langsam bevor die Sonne die orange okernen Berge beim Sonnenaufgang  in eine wundervolle Stimmung versetzt. Traumhaft und so bin ich dann auch froh, als es Tag wird und die ersten Sonnenstrahlen etwas Wärme für Körper und Seele bringt.
Nach dem übliche Morgenprozedere, Peronin, Kaffee kochen und eine Portion Kartoffelstock bin ich bald schon bereit für die nächste Etappe. Diese ist mit 39 km schon fast ein ganzer Marathon und das am dritten Tag. Gleich vom Start weg übernehme ich in unserer Gruppe die Führung aber bald schon werde ich von Morgan eingeholt und werde ihn heute nicht mehr sehen. Er läuft ein Sack starkes Rennen und ich hab keine Chance ihm zu folgen. Irgendwann überholt mich dann auch Renée. Letztes Jahr konnte ich noch einigermassen mit ihr mithalten aber in diesem Jahr zahlt sich ihre Jugend (34 Jahre alt) und wahrscheinlich auch ihr Training aus. Macht aber Freude in ihrer Nähe zu Laufen. Sie hat einen klaren und regelmässigen Laufstil der sie am Schluss dieses Mehrtagesrennen weit nach vorne bringen wird. Meine Freunde Josef und Luigi habe ich zwischen CP1 + CP2 ein- und überholt. Sie haben anscheinend einen Pakt geschlossen und Laufen nun die nächsten Tage und Kilometer zusammen. Josef hat mir versprochen auf Luigi aufzupassen und ihn zu begleiten und zu unterstützen. Ich bin sicher so wird er mit seinem starken Willen das Rennen sicher zu Ende Laufen. Die letzten 5 km geht’s dann nochmals in ein engeres Tal rein. Die Sonne knallt nun unerbittlich runter und das Laufen im Sand ist äusserst beschwerlich. Merke jetzt auch, dass meine Kräfte plötzlich schwinden. Habe einen starken Drang um auf die Toilette zu gehen und so verziehe ich mich hinter den nächsten Busch. Guiseppe habe ich kurz davor eingeholt aber nun überholt er mich wieder. Später am Abend erzählt er mir dann, dass er mich plötzlich schwankend und taumelnd gesehen hat. Und so war es auch, ich war kurz vor einem Kollaps. Zum Glück ging dieser Schwächeanfall nach ca. 15 Min. wieder vorbei. Jetzt nur noch ca. 2 km und dann ist das Ziel erreicht. Aber schon naht das nächste Ungemach. Ich sehe keine Markierung mehr und auch Fusspuren von vor mir laufenden sind nicht mehr zu sehen. Ein Läufer überholt mich zwar noch und so wähne ich mich wieder in Sicherheit. Leider haben wir uns beide getäuscht. Zum grossen Glück entdecke ich in der Ferne noch das Schweizerkreuz der Fahne des Zieleinlaufes bzw. des Medical Teams. So machen wir uns beide auf und laufen gemeinsam  dem Ziel entgegen. Gerade noch mal gut gegangen. Mit einem Umweg von ca. 1 – 1 ½ km können wir noch zufrieden sein. Das war doch ganz harte Arbeit was wir heute geleistet haben.
Dafür staune ich nicht schlecht, als ich erfahre, dass hier eine Dusche und ein kleines Swimmingpool Becken zur Verfügung steht. Jetzt mache ich mich aber gleich unter die Dusche bevor der grosse Ansturm erfolgt. Auch heute wird es eine wohltuende Massage geben. Ein wirklicher Luxus den ich nicht mehr missen möchte.

Ein bisschen Stimmung muss sein. Josef mein Freund aus Wien
Vertreibe mir die Zeit mit Rumliegen und Relaxen bis meine Freunde vom Zelt 12 dann einlaufen. Die Vorbereitungen laufen nun bei jedem einzelnen auf das morgige Ereignis hin. Die Königsetappe mit rund 79 km wird allen von uns das letzte abverlangen.
Die Stimmung im Camp ist hervorragend und obwohl sich auch hier einzelne Gruppen bilden ist man immer auch in Kontakt und Austausch mit allen anderen Läufern. Einfach toll familiär. Leider gibt es auch weniger schönes zu berichten. Jacques ein 63 jähriger Franzose hat bereits eine Blutkontrolle hinter sich und als er heute Abend bereits im Schlafsack liegt kommt der Doktor vorbei und teilt ihm mit, dass auch die zweite Blutkontrolle negative sei und er in sofort aus dem Rennen nehmen muss und ins Spital nach Upington bringen muss. Ein leichtes Rennen ist das nun wirklich nicht und ich glaube alle müssen körperlich und geistig auf höchstem Niveau sein um dies Herausforderung auch erfolgreich zu meistern. Meine Mitarbeiterin Norma Spruzzola hat mir noch folgende Weisheit in die Wüste geschickt:

«Bedenke, ein Stück des Weges liegt hinter dir, ein anderes Stück hast Du noch vor dir. Wenn du verweilst, dann nur, um dich zu stärken, aber nicht um aufzugeben».
Augustinus von Hippo (354-430)

Ja, das nehme ich mir für die grosse Königsetappe morgen fest vor

Tageszeit:        5:57.55
Overal:              15.
Overal Men:    12.
 
 
Tag 4
Dienstag, 18.10.16
                                                              79 km / 9 Checkpoints
Heute gilt es ernst. Das ist mir schon in der Nacht bewusst geworden. Langsam verlieren auch die Schlaftabletten ihre Wirkung. Hat Peter mir da wohl ein Placebo mitgegeben?
«Cheers Fransa, by Luigi, have a good time! The Big Day has begun».
Ab 06.00 Uhr wird im ½ Stunden Takt jeweils eine Gruppe (3-6) Personen losgeschickt. Wie das halt so läuft. Diejenigen die am Vortag bzw. im Gesamtklassement am langsamsten waren oder einfacher gesagt am meisten Zeit benötigten für die Strecke, werden mit einer verkürzten Nachtruhe beglückt und dürfen dafür am Morgen als erste starten. Letztes Jahr, ich kann mich noch gut erinnern, musste ich bis um 10 Uhr in der Gluthitze warten bis ich endlich loslaufen konnte. Dieses Jahr sogar noch länger, um 11 Uhr wurde ich mit fünf anderen Läufern auf die Strecke geschickt. René, Francois und Morgan. Alles ganz starke Läufer. Altie welche direkt vor mir im Gesamtklassement liegt ist schon um 10.30 Uhr losgelaufen. Ist somit etwas beruhigend für mich da ich nun nicht mehr der gehetzte bin sondern derjenige der von hinten angreifen kann. Aber ich hab noch Francois im Nacken, ein 38 jähriger Südafrikaner. Der läuft extrem unscheinbar aber ist dann wenn man meint ihn abgehängt zu haben, plötzlich wieder bei dir. Renée weiss ich jetzt schon, werde ich nicht einholen. Muss froh sein, wenn Sie mir nicht zu viel abnimmt. Bei Morgan bin ich mir nicht so sicher. Am Tag davor ist er mir davon gelaufen, davor war ich wiederum schneller als er. Es wird also spannend. Josef und Luigi haben abgemacht, dass sie an CP1 aufeinander warten und dann wieder zusammen laufen.
Punkt 11 Uhr gilt`s also ernst für mich. Nach ca. 1 km setzte ich mich bereits an die Spitze und habe an CP1 schon einen grossen Vorsprung auf Morgan und Francois. Etwas vor den beiden, kommt Renée.
Das Wetter ist optimal, frühmorgens und auch zu Beginn des Laufes hat es sogar leicht zu regnen begonnen. Wenn es so bleiben würde, wären das dann optimale Bedingungen. Was sagte noch Etienne vor dem Start. «In the Kalahari it`s never raining».
Mir läuft es ausgezeichnet und bis zum CP3 liege ich in dieser kleinen Gruppe in Führung. Tut gut und bestätigt einem auch, dass man bereit ist für diesen Challenge. Aber es war vorauszusehen, bei CP3 treffe ich etwa gleichzeitig ein wie Renée. Mir war klar, dass Sie jetzt das Zepter übernimmt. Hab mich doch toll geschlagen mit 23 Jahren Altersunterschied!



Die Strecke ist nicht all zu herausfordernd. Es hat viele Sandpassagen die halt extrem hart zu Laufen sind und auch Kraft kosten. Ab und zu scheint jetzt auch die Sonne durch und es wird schon etwas wärmer. Aber so richtig heiss ist es nicht. Beim folgenden Posten, CP4 treffe ich meine Freunde Luigi und Josef. Zu ihnen hat sich noch Sybille gesellt. Ist jetzt ein dreier «Dream Team». Sie machen gerade ein spätes Mittagessen und Luigi lässt sich die Füsse verbinden. Ich kann nur kurz anhalten, ein Foto machen mit Ihnen und meine Flaschen auffüllen. Dann geht’s auch schon wieder weiter. Wir werden jetzt noch ein tolles Naturschauspiel erleben. Durch den leichten Regen bildet sich ein wunderschöner Regenbogen. Das hab ich in der Kalahari wirklich noch nie gesehen. Ist einmalig schön und ich kann gar nicht aufhören zu föttelen. Bei CP5 setzte ich mich 2 Minuten hin, plaudere ein bisschen und orientiere mich über den weiteren Verlauf. Jetzt geht es bis knapp vor CP6 unendlich lange und langweilig, auf einer nicht aufhörenden wollenden langen Strasse, immer gerade aus. Auf alle Seiten hin sieht man in die Weite, linkerhand ein erhöhtes Gebirgsmassiv, muss direkt bei der Grenze zu Namibia liegen und rechts unendliche Weite in die Wüste. Da kommt mir doch gleich das Lied in Sinn …und hinterm Horizont und geht’s weiter….. Kurz vor CP6 geht’s dann wieder in die Wildnis rein und langsam rennen oder laufen wir einem grandiosen Sonnenuntergang entgegen. So schön, man könnte heulen vor Freude. Den nächsten Checkpoint passiere ich so gegen 19 / 19.30 Uhr kurz vor dem Entdunkeln. Jetzt heisst es sich auch schon für den Nachtlauf bereit zu machen. Die Stirnlampe ist schnell platziert und warme Kleider braucht es keine. Es ist immer noch so gegen 25-28 Grad warm. Optimal. Dieser Teil bis zu CP8 ist jetzt doch ganz schön streng. Der Weg ist eigentlich nur noch ein Sandweg und das Laufen kostet extrem viel an Kraft. Immer mehr Läufer überhole ich nun die heute Morgen früher als ich gestartet sind. Renée werde ich nicht mehr sehen, das ist mir klar und um Francois und Morgan mache ich mir keine Sorgen. Die sollten doch einiges hinter mir sein. Denke ich… Aber eben Denken ist nicht wissen und nachdem ich mich bei CP8 noch locker die Flaschen auffüllen lasse und mit den netten Ladies etwas Quatsche, kommt doch schon Francois angelaufen. Shit, damit hab ich nicht gerechnet und das versetzt mich doch etwas in Stress. Wäre ja toll gewesen vor den beiden (Morgan und Francois) ins Etappenziel zu kommen. Und jetzt schaltet sich wieder mein STUR Kopf ein. Wenn Du mich überholen willst Francois, dann jetzt, nicht erst einen Kilometer vor dem Ziel. Ich reisse nochmals alle Kraft zusammen und gebe die nächsten 6 km Vollgas. Beim Rückwärts schauen sehe ich immer das Licht der Stirnlampe von Francois. Er muss so 2-300 Meter hinter mir sein. Auch beim letzten CP9 führe ich noch. Jetzt hab ich aber gar keine Zeit mehr um zu Plaudern. Auch wenn die Ärztin mir zum wiederholten mal sagt, ich soll mehr trinken. Ich hatte eigentlich nie in den letzten Tagen das Gefühl, dass ich zu wenig zu mir nehme. Oft waren meine Flaschen noch einen Drittel oder einen Viertel gefüllt. Aber mehr als Trinken kann ich ja auch nicht. 6 Kilometer verbleiben noch. Die Strecke geht auch leicht bergab. Ich reiss mich nochmals zusammen und gebe Vollgas, soviel wie halt noch geht. Will unbedingt meinen guten Lauf bestätigen. Und jetzt plötzlich taucht eine rote Kugel über den Hügeln von Namibia auf. Der Mond ist praktisch voll und zum Greifen nahe. Einfach mega schön dieses Szenario. Man möchte anhalten und dieses einmalig schöne Bild einfach nur bestaunen. Jetzt noch 2 km. Plötzlich taucht einer der Führenden aus dem Gebüsch auf. Ihm geht’s glaub ich nicht mehr so gut. Vielleicht hat er die Mengen Elektrolyte die wir immer in uns schütten langsam satt und verträgt sie nicht mehr. Ich frage kurz ob es noch geht und laufe dann nach seine Bestätigung weiter. Irgendwie hab ich das Gefühl dass Francois nicht mehr so dicht hinter mir ist. Etwa 300 Meter vor dem Ziel überhole ich noch Gilles den Franzosen und dann laufe ich happy aber doch auch etwas geschafft unter dem Zielbanner durch ins Ziel. Knapp unter 11 Stunden pack ich die Königsetappe und zudem knapp 6 Min. schneller als Francois. War ein hartes Stück Arbeit heute.

Unterwegs auf der grossen 79 km Etappe
Ich esse noch kurz eine Suppe und dann ab in Schlafsack. Nach und nach kommen auch die anderen ins Ziel und so gegen 03.15 Uhr treffen Luigi, Josef und Sybille ein. Das Suisse-, Italo-, Deutschland-, Österreich Team ist also noch komplett und hat die «Grosse Königsetappe»  geschafft. Alle Mann und Frau an Bord. Jetzt ist ein Ruhetag mit Erholung und Faulenzen angesagt.

Tageszeit:        10:58.40
Overal:              15.
Overal Men:    12.


Tag 6
Donnerstag, 20.10.16
                                                       45 km / 5 Checkpoints
Auch diese Nacht werde ich kaum mehr vergessen. Ich schaue in den endlosen Sternenhimmel. Es ist so wunderschön, keine Lichtverschmutzung und die Ruhe ist unglaublich. Wann werde ich das das nächste mal wieder Erleben? Dankbar sein und einfach nur geniessen. Gegen Morgen wurde es dann auch ganz schön frisch und mit meinem dünnen Säcklein auch ganz kalt. Die Temperaturen können nachts bis auf 5/6 Grad runter fallen.
Die heutige Etappe wird nochmals eine grosse Herausforderung für alle. Erstens weil man nach der bestanden grossen meinen könnte, dass das Rennen jetzt geschafft ist. Dem ist aber nicht so und die erfahrenen Läufer werden sich hüten die Strecke zu unterschätzen. Zudem ist wieder warmes Wetter angesagt. Ich werde dann bei rund 38° Grad Nachmittag ins Etappenziel einlaufen. Aber schön der Reihe nach.


Wegen der zu erwartenden Hitze geht’s bereits um 6 bzw. für mich um 06.30 Uhr los. Wollte eigentlich gar nicht aber kurz nach dem Start war ich in unserer Gruppe wieder in Führung. Altie und Francois starteten auch mit mir zusammen und von ihnen beiden erwarte ich eigentlich einen Angriff auf mich oder meine Zeit. Auch Bakiye wird nochmals alles geben. Die ersten km geht’s dann gleich wieder im Sand das Flussbettes hoch bis dann ein holperiger Weg folgt. Fühle mich gut in den Beinen und auch im Kopf. Nach einer Stunde überhole ich Josef und bei CP2 auch Luigi. Bin dann gleich weiter und Luigi meinte am Abend, dass ich eine sehr hohe Kadenz eingelegt habe. Es stimmt. Es war etwas hüglig und Steinig, mein bevorzugtes Terrain. Bald aber ging`s wieder in ein Flussbett und in den schwierig zu laufenden Sand. Auch die Temperaturen steigen jetzt langsam an. Luigi hat heute seine Taktik geändert. Er meinte er habe es satt wieder 11 Stunden zu wandern. Jetzt ist sein Rucksack leichter und er gibt Gas. Bis zu Kilometer 25 nach CP3 bin ich super drauf. Von da an wird es aber schwierig. Zum einen das ewige alleine vorne zu laufen schlägt langsam auf die Physis. Kommen die hinteren und schnappen mich oder wie weit sind sie noch hinter mir? Um ehrlich zu sein, ab der grossen Etappe war es nicht mehr nur ein Durchkommen für mich, sondern ich wollte schon noch etwas mehr. Ein Platz unter den ersten 14/15 im Gesamtklassement lag nun drin. Bei den Männern könnte es zwischen 11. und 12. Rang etwas geben. Ja, der Ehrgeiz ist halt auch bei den älteren Männern noch nicht ganz ausgelöscht. Aber ich freue mich auch, dass ich das noch in mir drin habe. Andererseits merkte ich nun langsam auch, dass meine Kräfte nicht mehr wie am ersten Tag vorhanden sind und die Hitze heute speziell brutal war.
Anyway…plötzlich hörte ich ein rhythmisches Klacksen hinter mir und es kam wie es heute kommen musste. Zisch und Luigi war an mir vorbei. Er läuft jetzt wirklich Sau stark. Aber ich lass mich nicht aus dem Konzept bringen. Bis zum CP5 dem letzten der heutigen Etappe nimmt er mir doch einige Meter und Minuten wieder ab. Am CP5 muss er sich aber seine wunden Füsse wieder verarzten lassen. Wir quatschen ein bisschen zusammen aber dann will ich weiter. Es sind jetzt noch gut 6.5 km bis ins Ziel und die muss ich einfach noch schaffen. Liege immer noch an 2. Position und soweit ich das mitbekommen habe ist nur Renée noch schneller in meiner Gruppe, also an 1. Stelle.
Aber etwa nach 2.5 km braust Luigi wieder an mir vorbei und lässt mich stehen. Werde ihn wohl jetzt nicht mehr sehen bis ins Ziel denke ich. Aber Achtung, ca. 800 m weiter vorne steht er plötzlich still und ich passiere ihn wieder. Was den los sei frage ich, habe Hunger, Hungerast kann nicht mehr, geht nicht mehr. Shit, er ist in einen Hungerast reingelaufen. Jetzt kurz etwas essen und trinken. Auf die Zähne beissen den es geht nicht mehr lange bis ins Etappenziel.
Vor mir ist noch ein anderer Läufer den ich aber knapp nicht mehr einholen werde. Dafür hab ich seit dem letzten CP3 plötzlich wieder Bakiye im Nacken. Wie eine Uhr verringert sie immer mehr unseren Abstand. Hoffentlich sind die anderen beiden, Altie und Francois nicht noch hinter ihr. Die Angst auf den letzten Metern noch eingeholt zu werden gibt mir aber nochmals einen Kick und plötzlich sehe ich die Flagge des Medical Teams in der Ferne. Ist ja ein Klacks denke ich, aber die Strasse windet sich nochmals und verzögert die baldige Ankunft weiter um Minuten. Geschafft…auch die 45er hab ich erfolgreich gemeistert und die Abstände zu Francois und Altie sind mit 33 Min. doch beruhigend für mich. Hingegen auf Bakiye konnte ich gerade noch eine Minute Vorsprung retten. Der Tagesvorsprung auf Luigi, der kurz nach mir ins Ziel gekommen ist, ist auf 33 Min. geschrumpft. Freut mich wirklich für ihn, dass ihm eine so gute Etappe gelungen ist. Hat er sich jetzt mit den  Bedingungen in der Wüste arrangiert? Ich denke, dass jeder Läufer, mir ging es damals gleich, beim ersten mal seine Erfahrungen sammeln muss und dann gestärkt ins zweite Abenteuer gehen kann.

Charmaine

Das Massage Team um Jessica Baker, Fiona McEvoy und Nicole Bottner erwartete mich schon. Nicole machte während dieser Woche einen super Job. Ab dem zweiten Tag hat sie meinen Rücken und Nacken so massiert, dass ich mich wieder wie neu geboren fühlte. Das war der absolute Luxus den wir uns in dieser Woche geleistet haben.
Nach dieser Etappe war ich mir und ich glaube es ging allen so, sicher, dass ich jetzt auch die letzten 26 km bis ins Ziel schaffen werde und wenn es im Handstand sein müsste. Jetzt gibt keiner mehr auf. Die letzten E-Mails aus der Heimat werden verteilt und ich kann mit Freude und Stolz sagen, dass viele Freunde, Bekannte und die Familie mich während dieser Woche mit guten Gedanken begleitet haben.
Auch die Stimmung in unserem Zelt 12, aber auch bei allen anderen Läufern ist nun mega entspannt und herzlich. Alle träumen schon von dem bevorstehenden Zieleinlauf sowie dem kühlen Bier und Coca Cola das auf uns wartet. Geschweige denn vom Swimming Pool.

Wunderschöne Abendstimmung

Das heutige letzte Camp liegt wunderschön. Und wenn man auf einen Felsen klettert kann man von Oben auf die ganze Zeltstadt runterschauen. Noch schöner aber war der Sonnenuntergang. Ich konnte mich kaum satt sehen. Ein paar tolle Bilder konnte ich noch schiessen, mit einem Köcherbaum (quiver tree)  und blutrotem Hintergrund der untergehenden Sonnenkugel. Der Köcherbaum ist ein seltener Baum der hauptsächlich in Namibia und an der Grenze zu Südafrika zu finden ist. Diese Bilder werden mich sicher in den kalten Stunden unseres Winters im Herzen wärmen und an die wunderbaren Tage in der Kalahari zurückdenken lassen.
Natürlich werde ich auch die letzte Nacht in der Kalahari unter dem weiten Sternenhimmel verbringen. Und so geniesse ich die letzten Minuten vor dem Einschlafen noch mit der unendlichen Weite des Weltalls. Danke, dass ich so viel Schönes erleben durfte und wunderbare Erinnerungen nach Hause mitnehmen darf.
Tageszeit:        6:15.45
Overal:            14.
Overal Men:    11.

 

Letztes Camp vor dem Zieleinlauf


Tag 7
Freitag, 21.10.16
                                                                  26 km / 3 Checkpoints
So, ein letzter Weckruf von Brenda, «Campers, it`s a very nice early morning or Campers it`s the begin of a very sony day».
Das werde ich auch vermissen.
Die letzten Vorräte werden zum Frühstück verzehrt. Ist sehr gut aufgegangen mein Verpflegungsplan, darauf kann ich aufbauen und letzte Verbesserungen vornehmen. Das Gewicht des Rucksacks ist im Vergleich zum ersten Tag um Kilos geschrumpft. Frag mich schon ob ich überhaupt noch Gewicht rumtrage auf der letzten Etappe.


Start zur letzten Etappe

Um 6 Uhr startet Fransa, eine faszinierende Frau und Läuferin. Sie ist die ganze Strecke von rund 250 km gelaufen. Kam immer fröhlich ins Ziel und jeder hat mit ihr ein paar Worte gewechselt wenn sie überholt wurde. Einiger Läufer laufen sogar die ersten paar hundert Meter ihrer letzten Strecke mit ihr los, bevor sie dann wieder zurück ins Camp laufen. Luigi startet um 6.30 Uhr und er hat sich vorgenommen heute nochmals aufs Gas zu treten. Es freute mich ungemein für ihn als ich dann nach meiner Ankunft erfahre, dass er als erster eingelaufen ist. Den Applaus mag ich ihm von Herzen gönnen.
Die Läufer werden auch heute so auf die Strecke geschickt, dass alle so ins Ziel kommen, dass sie die ersten beiden des Klassements auch einlaufen sehen. Für die Langsameren ein Erfolgserlebnis, dass sie nicht wie an den anderen Tagen teilweise Stunden nach den ersten ankommen und für die Siegläufer natürlich die verdiente Anerkennung dann von allen applaudiert zu werden.

 
 
Mein Start ist erst um 9 Uhr und so hänge ich nach dem Packen so lange als möglich noch im Schlafsack rum und warte den letzten Start ab.
Gemeinsam mit Renée und vier weiteren Läufern geht’s dann los. Da ich mit dem letzten Start nochmals in eine stärkere Gruppe vorgedrungen bin, hab ich mir vorgenommen nichts mehr zu riskieren und gleich von Anfang an hinten und meinem Tempo entsprechend zu laufen. Wenn ich jetzt nicht total Einbreche werde ich den 14. Gesamtrang bzw. den 11. Bei den Männern verteidigen können. Sieben Tage davor hätte ich für diese Prognose sofort unterschrieben.
Luigi macht an diesem letzten Tag noch eine spezielle Erfahrung bei der alle, als wir es von ihm erfuhren, laut lachen mussten.
Als er auf der Strecke bei der Bahnunterführung durch war, sah er plötzlich einen grossen Schatten hin und her wanken. Er hat sich so erschrocken darüber, dass er gleich wieder rückwärts zur Unterführung gelaufen ist und da in Angst  abgewartet hat was noch kommen wird. Irgendwann traute er sich dann wieder vor und da bemerkte er, dass es kein Löwe war wie er meinte oder ein anderes wildes Tier, sondern Fransa mit ihrem grossen Rucksack!!!!
Ich lief meinen Rhythmus und plötzlich nach CP2 bei ca. km 19 sah ich den Moon Rock Felsen den wir zum Schluss besteigen und überqueren werden. Yep, das Ziel rückt in greifbare Nähe. Gleich versuche ich nochmals etwas zu beschleunigen. Auch an der heutigen letzte Etappe war es ganz schön heiss und so werde ich noch ein paar Minuten auf meine direkten Konkurrenten verlieren. Zum Glück habe ich mein gutes Ergebnis in den Etappen 3, 4 und 5 herausgelaufen. Jetzt sehe ich auf einer kleinen Anhöhe bereits den dritten und letzten CP des diesjährigen Kalahari Augrabies Extrem Marathon. Auch am letzten Posten werden wir von den Helfern mit Freude und Herzlichkeit empfangen und für die letzten Kilometer angefeuert. Es war während der ganzen Woche ein wunderbares Team an jedem einzelnen CP anwesend. Hilfsvoll, freundliche, motivierend, einfach super. Man kann sich keine bessere Unterstützung vorstellen. Vielen Dank an alle Volontiers.


Fast geschafft und dann gibt`s eine Erfrischung
Als letzte Aufmunterung hat dieses Team mit Steinen auf die Strasse geschrieben:
« 4.5 km Beer!» Wenn das kein letzter Motivationsschub ist? Jetzt geht’s auf die letzten Meter und schon bald stehe ich am Fuss des Moon Rocks, eines massiven grossen Granit Hügels. Vor der ersten Etappe sind Holger, Josef, Luigi und ich bereits oben gewesen und haben uns vorgestellt wie es sein würde, wenn wir dann sieben Tage später hier stehen. Vor uns in kurzer Ferne das Ziel. Das war natürlich nochmals mein Terrain und leichtfüssig bin ich die ca. 400 Meter lange Strecke hochgejoggt. Ja, wunderschön von hier oben die Lodge und das  nahe Ziel zu sehen. «Käller, jetzt häsch es gschafft…» Geil. Beim Runterlaufen überhole ich noch Morgan der extreme Schmerzen hat, aber Chapeau er hat es mit eisernem Willen durchgezogen. An der letzten Wasserstelle hab ich dann noch kurz die Balance verloren und schon stand ich mit einem Bein knietief im Wasser. Was soll`s. Jetzt fühlte ich mich wie auf Flügeln getragen. Eingang zur Lodge und noch rund 300 Meter bis zum Ziel. Es ist vollbracht. Eine unheimliche Freude überkommt mich. Alle haben mir gratuliert und wir sind uns in die Arme gefallen. Jeder und hat er noch so lange gebraucht, ist und darf sich als grosser Sieger fühlen. Diese Leistung muss erst mal vollbracht werden. Ich möchte aber auch in diesen schönen Stunden nicht vergessen mich bei meinem Umfeld, Familie und Freunden zu bedanken. Viele Stunden war ich am Trainieren und meine Monica hat das immer ohne Einsprache akzeptiert und unterstützt. Meine Freunde und vor allem Kari sind stundenlang mit mir durch die Gegend gelaufen und gemeinsam haben wir Höhenmeter und Kilometer gefressen. Es hat Spass gemacht und die Kameradschaft und Freundschaft zwischen uns hat mit den gemeinsamen Läufen in Bhutan, am Irontrail oder bei anderen Trails ist immer noch mehr gewachsen. Danken möchte ich aber auch dem ganzen Staff um Nadia, Etienne und Simon. Dem ganzen Medical Team und speziell auch meiner Kalahari Lady Hermine die eine tolle Photographin ist und ein Herzens fröhlicher Mensch.  Dank auch allen Helfern und Volontiers mit ihrem grossen und engagierten Einsatz über viele Stunden hinweg. Ganz speziell aber allen Läuferinnen und Läufern. Es sind alle wunderbare Menschen mit denen ich meine und unsere grosse Leidenschaft sieben Tage lang teilen durfte. Eine grosse Familie das macht diesen «Kalahari Augrabies Etxtrem Marathon» so einzigartig.
Ca. 15 Minuten nach meiner Zieleinkunft kamen dann auch die ersten beiden Läufer des Klassements ins Ziel. Thomas aus Dänemark und ein paar Minuten später Dirk der nun zum dritten Mal diesen Lauf gewonnen hat. Den Applaus der ganzen «Familie» haben sie sich redlich verdient. Die nächsten zwei Stunden bis wir die Bungalows beziehen konnten, wurde gefeiert und Bier und Cola getrunken. Ein super Buffet liess uns die erste Energie wieder zukommen. Es wurde gelacht und keiner kam trocken am Swimmingpool vorbei. Unzählige Erinnerungsfotos wurden geschossen. Alle waren einfach nur «Happy Campers….» Mein Freund Josef war glücklich das Ziel gesund erreicht zu haben. Eine tolle Freundschaft empfinde ich zu ihm. Es war schön, wie wir uns in Johannesburg am Flughafen getroffen haben und diese Woche nun gemeinsam meisterten. Noch glücklicher bin ich, dass Luigi seinen grossen Traum mit der Zielankunft verwirklichen konnte. Die ersten Tage war ich überhaupt nicht sicher ob er  es schafft. Einen unglaublichen Willen und Kampfgeist haben ihn während diesen Tagen ausgezeichnet. Er ist ein wunderbarer Mensch und ich freue mich ungemein mit ihm zusammen diese Herausforderung gemeistert zu haben. Nach einer ausgiebigen Dusche und intensiver Körperpflege haben wir bei einem tollen Nachtessen «Brail» die vergangenen Tage nochmals Revue passieren lassen und um ca. 21.30 Uhr ist dann auch für uns die wohlverdiente Nachtruhe angebrochen. Nicht mehr unter dem weiten Sternenhimmel, dafür mit vielen tollen Eindrücken der letzten Tage, bin ich happy eingeschlafen.
Tageszeit:        3:21.05
Overal:              21.
Overal Men:    15.

In Bezug auf meine läuferische Leistung bei diesen 6 Etappen (248 km) kann ich folgendes Fazit ziehen:
Ich glaube ich habe mein Rennen von Anfang an gut eingeteilt. In den ersten beiden Tagen sucht man seinen Platz, das war auch bei mir so. Ich habe schnell gemerkt wo ich in etwa bei den Männern und im Gesamtklassement zu platzieren bin. Im Männerklassement bin ich konstant in Position 11 oder 12 zu finden. Es gab dabei zwei Ausreiser und zwar am 2. Tag bei der 33 km Etappe. Hier lieg ich im Gesamtklassement auf dem 13. Rang und bei den Männern auf Platz 10. Die letzte Etappe erreiche ich als gesamt 21. und bei den Männern als 14. Man kann aber auch sagen, dass nach fünf Etappen die Positionen vergeben waren und keine Angriffe mehr zu befürchten waren. Ist ja auch an der Tour de France ein ungeschriebenes Gesetz. Gefreut hat mich auch der konstante Tag bei der Königsetappe wo ich ja ab den letzten  beiden CP noch den Angriff von Francois erfolgreich abwehren konnte und damit den Boden für das Schlussklassement gelegt habe. 
Total Time:   34:58.25
Overal:             14.
Overal Men:  11.
Zelt No. 12. Happy im Ziel
Samstag, 22.10.16
Ausschlafen ging nicht, irgendwie hat man halt seinen Rhythmus und so bin ich frühmorgens alleine durch die Loge gelaufen und hab mir nochmals den Wasserfall und auch die niedlichen Klippschleifer angeschaut. Luigi hat das mit dem Schlafen schon etwas besser im Griff. Trotzdem, ich glaube wir waren die ersten die bereits um 7 Uhr früh im Restaurant waren und nach Frühstück gebeten haben. Der ganze Tag stand nun zu unserer Verfügung und wer mich kennt der weiss, dass ich nicht einen ganzen Tag rumhängen kann. Kurz entschlossen organisierte ich eine kleine Rundfahrt. Um 09.30 Uhr ging es los und wir haben den National Park mit einem Safari Bus erkundet. War eindrücklich, an einigen Stellen sind wir vorbeigefahren wo wir ein paar Stunden davor noch durchgerannt sind. So konnten wir noch ein paar tolle Plätzchen und einzelne Tiere wie Gazelle sehen.  Natürlich war auch während diesem Ausflug das allgemeine Thema immer die unvergesslichen Tage als Runner in der Kalahari. Den Nachmittag verbrachten wir mit Packen und faul rumliegen. Das darf ja auch mal sein und bereits um 16.30 Uhr trafen wir uns um mit dem Bus zur abschliessenden Siegerehrung und zum Abendessen zu gelangen. Natürlich musste ich noch meiner Super Masseurin Nicole ein Dankeschön übergeben und sie hat sich ehrlich gefreut über das Swiss Army Sackmesser.
Die Siegerehrung war ein tolles Erlebnis, jeder Läufer und jede Läuferin wurden namentlich aufgerufen und durften den gläsernen Leoparden in Empfang nehmen. Berechtigter Stolz leuchtete bei jedermann(frau) aus den Augen wenn man diese kleine Trophäe nach hartem Kampf und auch vielen Entbehrungen endlich in den Händen und hoch halten kann. Jeder hat es sich total verdient auf seine eigene und spezielle Art und Weise. Am meisten habe ich mich gefreut für Luigi, bei dem es anfangs gar nicht gut lief, er sich aber mit unbändigem Willen durchgekämpft hat und zum Schluss den Dreh gefunden hat. Auch für Josef war ich überglücklich. Wenn man bedenkt, dass er letztes Jahr wegen gesundheitlichen Problemen aufgeben musste. Dieses Jahr kamen seine Kniebeschwerden dazu die ein permanentes Rennen praktisch verhinderten. Wir schnelleren Läufer müssen ja schon extrem Leiden, wie ist es dann bei einem Läufer der noch viel mehr Zeit benötigt um die Strecke zu absolvieren. Ich ziehe vor jedem einzelnen Finisher den Hut für seine/ihre grosse Leistung.
Nach einem wiederum tollen Nachtessen, «Brail» genannt, folgte noch eine kleine private Hochzeitsfeier eines Paares welche vor Jahren auch Teil dieser speziellen Familie war oder natürlich noch sind.
Mit fetziger Livemusik und Tanz (sogar der Käller hat seine müden Beine noch mit der einen oder anderen «Kalhari Lady» geschwungen)  haben wir dann noch kräftig das Bestandene Abenteuer gefeiert. Zum Abschied wurde auch von Zelt 12 die nächste Teilnahme mündlich bestätigt. 2018 sind wir beim 20 jährigen Jubiläum des KALAHARI AUGRABIES EXTREME MARATHON wieder dabei. Bin gespannt!!!!

Finisher!
We will come back 2019

 
Sonntag, 23.10.16
Nach einem letzten Frühstück und grosser Verabschiedung hat uns der Bus um 9.30 Uhr abgeholt und nach Upington gebracht. Nadia gibt mir noch ein Geschenk mit für Franz über das er sich sicher sehr freuen wird. Ein T-Shirt mit Leopard. Die Gruppe ist jetzt bereits schon sehr geschrumpft denn viele, vor allem Südafrikaner sind mit eigenem Auto angefahren oder werden von Familienmitgliedern abgeholt. Definitiv Abschied nehmen von den Letzten hiess es dann in Johannesburg. Ist schon speziell wenn man nach rund 10 Tagen Menschen verabschiedet mit denen man schönes und auch tiefgreifendes erlebt hat. Eines ist aber sicher, man hat Freundschaften geknüpft die lange halten werden und mit denen man Wunderbares, ein Leben lang verbinden wird.
Holger, Luigi, Josef und ich haben noch ein paar Souvenirläden am Flughafen ausgeräumt und eine kräftige Zwischenmahlzeit (mit zwei Hauptgängen!!!) zu uns genommen, bevor sich dann auch unsere Wege trennten. Ich bin sicher aber nicht für immer. Pünktlich. Sechs Uhr in der Früh sind wir dann am Montag in Zürich gelandet und von Moni empfangen worden.

 
 


 



 
 

 
 
 

 
 
 







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