Sonntag, 1. November 2015

Kalaharie Augrabies extrem Marathon 2015

16. Kalahari Augrabies Extrem Marathon
(22.10. - 1.11.2015)

Kategorie:              Männer und Frauen 

Start Nummer:        360 

Rang Overall:         21. Rang von 70 gestarteten und total 54 qualifizierten (M+F)

Rang Männer:        15. Rang  von 55 gestarteten und total 39 qualifizierten (M) 

Total Zeit:               22:58,40 Std.
Total km                   158 km (+23 km von abgebrochener Etappe) 

      Etappe 1:         04:01,15       km 25           Rang Overall  38     Tagesrang 38

      Etappe 2:         05:41,20       km 35           Rang Overall  28     Tagesrang 21

      Etappe 3:         06:08:15       km 40           Rang Overall   27    Tagesrang 22

      Etappe 4:                             km 81

      Etappe 5:         06:05,35       km 47           Rang Overall   21    Tagesrang 12

      Etappe 6:         01:02,15       km 11           Rang Overall  21     Tagesrang 27


I did it!
Swiss Team
Samstag, 24.10.
1. Etappe, Start 09.00 Uhr
25 km / 2 Check Points (CP) 


Ich beginne mit dem Ende der ersten Etappe. Wo bin ich? So eine Hitze habe ich noch nie erlebt. Da wird aber noch einiges auf mich zukommen. Bin mal gespannt.
Punkt neuen Uhr fällt der Startschuss durch Etienne den Renndirektor. Davor gab es ein paar kurze Ansprachen von wichtigen Leuten und endlich können wir uns auf die Piste machen. Nach ca. 1 km kommt bereits ein erstes grösseres Wasserloch. Ich zirkle mich so darum herum damit ich auch ja keine nassen Füsse bekomme. Man kennt das ja von den Bergläufen. Einmal nass unten durch und dann wird’s unangenehm. Ich schaffe es tatsächlich trocken weiter zu laufen. Aber kurze Zeit später kommt der nächste  Tümpel. Jetzt ist es mir doch zu blöd. Da gibt es keinen Ausweg und ich muss halt voll da durch. Wie sich später zeigen wird sind die Füsse aber bei dieser Hitze sehr schnell wieder trocken und somit keine Gefahr für meine empfindlichen Füsschen...
Ich versuche mich möglichst langsam fortzubewegen. Ja nicht gleich mit Volldampf auf die Strecke und nach ca. 5 km finde ich auch langsam meinen  Rhythmus. Der ist zwar nicht so schnell wie gewohnt dafür aber konstant. Was sehe ich den da linkerhand von mir? In ca. 200 Meter Entfernung, eine Gruppe Giraffen. Sofort anhalten und ein Foto schiessen. Wer weiss ob ich nochmals diese stolzen Tiere zu Gesicht bekomme. Am ersten CP fülle ich meine Wasserflaschen auf und dann geht’s gemütlich weiter. Es ist extrem heiss. Nach Rückmeldungen um die 48° C. Jetzt nur nicht überanstrengen, es stehen noch einige Etappen an und ich muss nicht unbedingt vorne dabei sein. Dafür hat es andere die um einiges besser und auch jünger sind als ich. Nach gut 4 Stunden laufe ich ins erste Etappenziel ein. Zum Schluss hatte ich extrem Angst, dass meine Wasserreserven nicht ausreichen würden. Das wäre dann sehr schnell das Ende der Träume gewesen. Puh, das war mega hart und ich bin noch nie in einer solchen Bruthitze gelaufen. Im Camp angekommen geht es gleich an die Regeneration. Proteinshake und viel Wasser mit Salz und Mineralien. Das Nachtessen müssen wir selber machen. Dafür sind schlussendlich die zum Startbeginn gemessenen 11 kg Gewicht meines Rucksackes verantwortlich. (5 kg Essen für 7 Tage, Schlafsack und diverses vorgeschriebenes Material. (Notfallpackung, Salben, Ersatzkleidung, etc.)
Am Start sind auch zwei Österreicher, Josef und Ambros Vor allem Ambros ist ein sehr erfahrener Läufer, hat er doch schon mehrere grössere Events bestritten. Unter anderem einen 85 Tage Lauf von der Obersten Spitze in Dänemark bis nach Gibraltar. Das macht sage und Schreibe rund 4000 km. Da kann ich nur den Hut ziehen. Sein Freund Josef, ein Bauunternehmer aus Wien ist auch ein sehr guter Läufer und hat den KAEM vor zwei Jahren schon gefinisht. Leider muss Josef aber bereits am ersten Tag beim CP1 aufgeben. Wie ich später erfahre haben 5 Läufer und Läuferinnen den ersten Tag nicht überstanden. Eine Läuferin, die Siegerin von 2012 musste sogar mehrere Tage in Spitalpflege da sie einen totalen Zusammenbruch hatte. Ich bin auf sie nach ca. 12 km aufgelaufen und wenige Minuten später war auch schon ein Arzt anwesend. Soviel ich am Ende der Veranstaltung gehört habe ist sie wieder gesund und hat keinen Schaden davon getragen. Die Hitze fordert wirklich ihre Opfer. Ambros kommt ins Ziel und im Zelt wird er plötzlich von gewaltigen Beinkrämpfen geplagt. Die sind so schlimm, dass wir den Rennarzt rufen müssen und er ihm eine Fusion stecken muss. Hoffe sehr für ihn, dass er sich davon gut erholt und morgen keine Probleme mehr hat. Die folgenden Stunden bis die Sonne untergeht verbringen wir mit Verpflegen, Gepäck  richten und tollen Gesprächen mit anderen Läufern. Unterhalte mich mit zwei Jungs aus Pretoria die ein Projekt in Soweto unterstützen indem sie junge Menschen zum Laufen animieren. Werde auch von Ihnen gleich zum Soweto Marathon eingeladen im 2016. Ein historischer Lauf der jüngeren Geschichte von South Africa, Nelson Mandela`s und dem ANC.
Zufrieden aber etwas unruhig schlafe ich dann endlich ein. Bald steht ja schon die nächste Etappe an.

Zeit 4 Std. 15 Min.
Gesamtrangliste nach Tag 1 / Rang 38

 
Roade book
Sonntag, 25.10.
2. Etappe, gestaffelter Start ab 06.30 bis 08.00. Meine Startzeit 09.00 Uhr
34 km / 4 Check Points (CP)
 
Habe höllischen Respekt vor der zweiten Etappe wenn ich an den gestrigen schweisstreibenden Tag zurück denke. Die Rennleitung informiert uns vorgängig, dass die Strecke leicht abgeändert wurde da ein Valley mit Fahrzeugen nicht befahren werden kann. Im Notfall, wenn ein Läufer gesundheitliche Probleme haben sollte, wäre dann keine Hilfe möglich. Die Distanz aber bleibt gleich. Die ersten km fühle ich mich sehr gut. Leicht felsiges und schwer passierbares Gelände, doch ich komme gut voran. Swiss Boy`s laufen ja manchmal auch in den Schweizer Bergen und da fühle ich mich wirklich gut. Da wir oft in ausgetrockneten Bachbetten laufen muss ich natürlich jeweils bei den CP`s meine Schuhe vom Sand befreien. Kostet etwas Zeit, ist aber  nicht tragisch. Hauptsache nicht schon in den ersten Tagen grössere Blasen einfangen. Die möchte ich mir wirklich erst für den Schluss aufsparen.  Gegenüber dem gestrigen Tag ist es mit 38°C fast schon etwas kühl. Es fallen sogar 10-12 Regentropfen. Man kann sagen richtig angenehmen. In der Nacht davor hat es sogar gewittert nur ohne Regen. Hoffentlich beleibt es so wie es im Moment ist.
Aber eben zu früh gefreut. Die letzten km sind wir auf einer einfachen und gut begehbaren Strasse gelaufen. Das ändert sich aber nun schlagartig. Links ab und in ein  Valley. Shit, es wird immer wärmer und das laufen im Sand wir nicht einfacher man kann sagen, sogar mega anstrengend. So geht es ca. 1 ½ Std. bis zum CP3. Aber im Moment fühle ich mich noch ganz gut und kann es sogar geniessen. Auf den Boden der Realität komme ich als mich mein Zimmerpartner der Vortage des Rennens überholt. Der ist doch eine halbe Stunde nach mir gestartet. Hey Anthony das geht doch nicht. Du bis nur ein Jahr jünger als ich. Kannst mich doch nicht einfach so stehen lassen. Abwarten denke ich, abgerechnet wird am letzten Tag!
Wie es so ist, meine Krise kommt genau jetzt. Muss auf Toilette (Busch) und die etwas spezielle Ernährung bewirken bei mir leichte Verstopfungen. Na ja besser als anders rum, dann bist du nämlich ganz schnell aus dem Rennen wenn Du alle Mineralien und Salze  nicht mehr im Körper halten kannst.
Die nächsten km verlaufen wieder in einem Flussbett mit einigen Felsen als Abwechslung und die Sonne knallt jetzt wieder ganz schön runter. Laufe jetzt wie so oft alleine, merke aber, dass ca. 200 Meter hinter mir ein Läufer langsam aufläuft. Das darf doch wohl nicht sein. Ich gebe nochmals Vollgas die letzten zwei km und laufe dann doch etwas ausgepowert ins zweite Etappenziel ein.
Dieses ist sehr schön gelegen am Oranje River und das Bad im Fluss verschafft etwas Abkühlung. Auf der anderen Uferseite ist Namibia. Der Oranje River verläuft zu einem Grossteil an der Grenze von Südafrika zu Namibia. Und was sehen meine von der Sonne geschundenen Augen? Ein Massageteam ist im Lager. Hab ich am ersten Tag gar nicht mitbekommen. Drei Girls und ein Junge massieren (gegen Bezahlung von 200 Rand / 15 CHF) die bereits etwas geschundenen Läuferbeine. Dies wird auch in den nächsten Tagen so sein. Ich bewundere die 4 Personen. Bei drückender Hitze massieren sie den meisten Läufern eine halbe Stunde Rücken und Beine. Wow. Super man fühlt sich wie neu geboren. Dann folgt wieder das übliche Prozedere das jeder Läufer für sich selber absolviert. Verpflegung, Regeneration, Vorbereitung für den nächsten Tag und vor allem viel Ausruhen. Heute sind nochmals sieben Läufer wegen der grossen Hitze und anderen Problemen ausgefallen. Mir tut es unendlich Leid für diese Runner`s da ich ja sehr genau weiss wie gross die Anstrengungen und die Entbehrlichkeit der letzten Monate für diesen Lauf waren. Aber jeder Läufer kennt ja vom ersten Moment an das Risiko auf das er sich bei einer solchen Expedition einlässt. Auch Ambros hat sich gut erholt von seiner Fusion und ist heute gut durchgelaufen.
Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kommt noch ein Highlight des Tages auf uns zu. Es ist die Verteilung der E-Mails. Einige Leute haben mir geschrieben, das freut einem natürlich sehr und gibt auch wieder verlorene Energie und Motivation zurück. Zufrieden suche ich mir ein Schlafplätzchen wenige Meter von der Zeltstadt entfernt. Es ist so warm dass man locker unter freiem Himmel schlafen kann. In den Sternenhimmel zu schauen ist zudem ein wunderschönes Feeling. Wann kann man das schon mal bei uns in der von Lichtsmog verseuchten Umgebung unseres Wohnortes geniessen. Autsch, hat aber heute sehr viele Mücken auf  der Tour. Muss mich trotz Hitze sehr gut im Schlafsack einmummeln.

Zeit 5 Std. 41 Min.
Gesamtrangliste nach Tag 2 / Rang 28

 
Bis 51° Cellsius

Montag, 26.10.
3. Etappe, gestaffelter Start. Meine Startzeit 07.30 Uhr

40 km / 4 Check Points (CP)

Ich habe mich von Tag 1 zu Tag 2 um 10 Ränge verbessert. Da darf ich heute als Belohnung (oder Strafe) erst um 07.30 Uhr Starten. Laufe locker los aber bei einem Rucksack Gewicht von immer noch ca. 9 kg geht das gar nicht so einfach. Vor allem wenn es leicht hoch geht. Birgit die Deutsche, 2. Rang bei den Frauen 2012, überholt mich gleich. Das wird schwierig heute, wollte ja eigentlich mal etwas schneller laufen als in den beiden vorangegangenen Tagen. Trotzdem finde ich aber schnell einen guten Rhythmus und bald ist Birgit hinter mir und wird es bis zum Schluss der Etappe auch bleiben. So bin ich am Ende des Tages mal schnellster deutschsprechender Läufer. Von den 3 Deutschen, 2 Österreicher und mir sind, sowieso die Hälfte bereits ausgeschieden. Ambros, Birgit und ich halten noch die Stellung. Vor CP2 hole ich Ambros ein der eine halbe Stunde vor mir gestartet ist. Aber Achtung, jetzt wird es langsam wieder verdammt heiss und die Sonne (43° im Schatten), knallt runter dass es einem den letzten Schweiss aus dem Körper treibt. Immer Trinken sage ich mir. Solange man noch Wasser lassen kann ist es gut. Wenn das nicht mehr geht wird’s langsam sehr kritisch. Diese Regel kennt jeder Läufer und sie kann das sichere Ende des Laufes bedeuten. Das heisst, man wird im schlimmsten Fall mit einer Fusion nochmals aufgepäppelt (Salz und Elektrohyde) aber beim zweiten mal wäre es das dann gewesen, Disqualifikation und Rennausschluss. Am CP3 treffe ich Josef der am ersten Tag leider aufgeben musste. Er hilft mir beim Flaschenauffüllen, beim herrichten der Verpflegung, und wo es halt erforderlich ist. Auch bei den CP`s sollte man schauen, dass man nicht zu viel Zeit vertrödelt. Daher ist eine gute Vorbereitung jeweils vor dem Start sehr wichtig. Salztabletten auf dieser Seite, die Gels links oben oder in der Seitentasche, usw. Ich finde das eine sehr schöne Gesten wenn einem andere Läufer oder auch der Staff behilflich sind, denn es ist nicht leicht für einen Läufer wenn man ausgeschieden ist, sich noch irgendwie am Rennen zu beteiligen. Danke Josef und auch allen anderen für diese Unterstützung. Am CP4 treffe ich Stefan der auch bereits am ersten Tag aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. Er ist selber Veranstalter einer Läuferserie in Kambodscha, Sri Lanka und Bhutan. Wir unterhalten uns und ich könnte mir gut vorstellen mal bei ihm an einem Event mitzumachen. Bhutan würde mich sehr reizen mit 220 km an 6 Tagen und über 10`000 Höhenmeter sicher ein toller Lauf und für uns Bergler sicher etwas was im Bereich des Möglichen liegt. Seine Freundin, Teresa, eine Frau aus Hongkong läuft sehr gut und konstant. Ich werde in den nächsten Tagen noch einen guten Lauf mit ihr zusammen haben. Der letzte Teil von CP4 bis ins Ziel wird nun wieder ganz hart. Temperatur um die 50° und nirgends ist der Oranje River zu sehen wo wir wiederum unser Camp haben werden. Ruhig bleiben und jetzt auf den letzten paar km nur nicht die Nerven verlieren. Es wird kommen das Ziel, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Und plötzlich sehe ich unser Camp. Zieleinlauf und die obligatorischen drei (4.5 lt.)Wasserflaschen fassen und dann erst mal ausruhen. Pro Tag hat jeder Läufer 9 Liter Wasser zugute. Diese werden jeweils an den CP`s und dann der Rest im Ziel abgegeben. Es gab aber auch schon extra Rationen in den letzten Tagen. Die Wettersituation ist dementsprechend heikel und der Veranstalter hat absolut kein Interesse, dass noch mehr Läufer ausscheiden werden. Nach meinem obligaten Proteinshake geht’s erstmals ins Wasser zur Abkühlung und dann nach der Massage zum Doktor um die ersten Blasen aufstechen zu lassen. Bin  sehr froh, dass auch Ambros wieder gut ins Ziel eingelaufen ist. Ein vierer Zelt nur für mich wäre nun doch etwas zu grosszügig und mit Ambros zusammen macht es auch viel mehr Spass.
Jetzt hoffe ich auf eine gute Nacht, denn morgen steht der absolute Höhepunkt mit 81 km an. Es ist Vollmond und eine super Stimmung mit diesem tollen Sternenhimmel. Man merkt aber auch den Respekt der Läufer vor der morgigen Aufgabe. Es ist ruhig und es werden merklich weniger Sprüche und Witze geklopft als an den Vortagen.  Im Gesamtklassement habe ich mich um einen Platz auf den 27. Rang verbessert. Das ist insgesamt mehr als ich zu Beginn erhoffen durfte. Anthony hat heute seinen schwarzen Peter gezogen. Er war gar nicht gut unterwegs ist aber immer noch um gut eine Stunde vor mir. Ihn werde ich kaum mehr einholen.

Zeit 6 Std. 08 Min.
Gesamtrangliste nach Tag 3 / Rang 27

 
Wie ich sie liebe diese Gels...

Dienstag, 27.10.
4. Etappe, gestaffelter Start ab 06.30 Uhr. Meine Startzeit 10.00 Uhr
81 km / 10 Check Points (CP)


Nach einer guten und erholsamen Nacht ist um 05.00 Uhr Tagwache. Jetzt beginnt das allmorgendliche Ritual. Jeder hat so sein Konzept mit der Verpflegung. Ich genehmige mir zuerst einen Peronin Drink. Der soll vor allem Kohlenhydrate zuführen und natürlich auch sättigen. Anschliessend gibt’s den üblichen Kartoffelstock. Lecker diesmal mit Broccoli. Dies schmeckt mir viel besser als die süssen Mueslis welche ich vor vier Jahren am Marathon des Sables zu mir genommen habe. Während den Tagesetappen kommen zudem noch viel Gels und Riegel dazu. Das ist wirklich genug an Süssem. Ich kann das Zeugs nach einer solchen Veranstaltung wochenlang nicht mehr schmecken bzw. essen.
Morgentoilette, Rucksack ist gepackt und dann bin ich eigentlich bereit zum starten. Nur eben, ich komme erst um 10 Uhr dran und jetzt um 06.30 Uhr startet gerade die erste Gruppe von Läufern. Die Staffelungen sind aus folgendem Grunde so gemacht, damit besonders bei den langen Etappen auch die Spitzenläufer in die Nacht hinein laufen müssen. Ansonsten wäre das nicht ganz fair wenn die einen nur Tag`s und die anderen mit den erschwerten Sichtbedingungen auch noch Nacht`s durch die Wüste irren müssen. Das Spitzenteam wird also erst um 13 Uhr starten. 6 ½ Stunden nach den ersten und auch noch drei Stunden nach mir.
Die Zelte werden abgebrochen und uns wird ein Platz auf einer Plache im Schatten zur Verfügung gestellt. So oder so, es ist logistisch eine gewaltige Herausforderung für die Organisation, das Lager jeden Tag wieder abzubrechen, zu verschieben und an einem anderen Ort aufzubauen. Und jeden Tag war es so, dass die ersten welche ins Ziel eingelaufen sind sofort wieder in ihr Haus schlüpfen konnten nach der Rückkehr. Zu bedenken ist auch, dass jeweils auf der Strecke, so z.B. wie heute noch 10 CP bereit stehen müssen. Was heisst, dass es überall genügend Wasser hat und ein Medical Team ist dann jeweils auch noch vor Ort.
Eines hat sich heute zu den ersten Etappen bereits verändert. Keine Gruppe wird am Start mehr mit Vollgas loslaufen, abgesehen vom Spritzentrio. Alle gehen den Beginn gemütlich im Laufschritt an.
So, endlich werden wir zum Start aufgerufen. Wir sind eine sechser Gruppe. 2 Italo, 1 SA, 1 French, 1 Deutsche und ich als weiterhin und definitive einziger Schweizer Vertreter. Gut gelaunt schiessen wir noch ein Startfoto und dann geht’s los. Es ist jetzt aber bereits schon wieder sehr heiss, schätze so gegen 38°- 40°C. Zu Beginn wird noch gequatscht und dann bilden sich auch schon die ersten kleineren Grüppchen und jeder versucht nun sein Tempo und Rhythmus zu finden. Wollte eigentlich mit Gill dem Franzosen zusammen laufen aber der legt ein Tempo vor, so dass ich gleich passen muss. Ambros ist bereits eine Stunde vor mir gestartet und ich denke oft wo er jetzt nun bereits sein wir und ob es ihm gut geht. Aber er ist ein erfahrener Läufer und er wird sich an die Hitze anpassen auch wenn er wie er mir sagte unheimlichen Respekt vor dieser Monsteretappe hat. Aber wer hat das schon nicht.....
Nach dem Start geht es gleich in ein enges Tal und die Wärme hat sich da voll eingespeichert. Zudem ist es extrem sandig und somit wieder sehr schwer zu laufen. Der erste CP wird erst nach 8,5 km kommen. Also gut auf den Wasservorrat aufpassen und immer nur ganz kleine Schlucke trinken. Geschafft CP1 ist in Sichtweite. Ich treffe hier einzelne Läufer an und solche die bereits länger vor mir gestartet sind liegen irgendwo unter einem Sonnenschirm und versuchen sich etwas zu erholen. Chapmann ein Engländer mit 61 Jahren, ich glaube 11 maliger Teilnehmer dieses Rennens, liegt wie ein geschlagener Hund im Schatten des Medical Autos. Das kann ja bruttalo werden. Erst einen zehntel der ganzen Strecke geschafft. Entsande meine Füsse und trinke genug. Die Wasserabgabe wird nun aber etwas grosszügiger sein als die jeweils 1,5 Liter welche wir von CP zu CP zu gute haben. Auch der nächste CP kommt erst nach gut 8,5 km und so mache ich mich wieder auf den Weg. Sage mir es bringt ja nichts länger Pause zu machen, gehen muss ich ja so oder so irgend wann. Bin jetzt alleine unterwegs und ab und zu überholt mich ein Läufer oder ich überhole jemanden. Man grüsst sich kurz und wünscht einander viel Glück. Jetzt wird’s aber hart. Die Temperaturen sind bereits bei etwa 45° und das Laufen und auch Atmen wird nun langsam ganz schwierig. Ich versuche mit Bildern im Kopf, guten Gedanken und Wünschen meine Motivation aufrecht zu erhalten aber das ist nun nicht mehr ganz so einfach. Man entwickelt in solchen Situationen auch eine ganz eigene Lauftechnik. Die Wege im Sand sind nun  von den vorfahrenden Autos und Läufern ausgetreten. Da ist es aber am schwierigsten zu Laufen weil sich die Schritte im Sand sehr tief eingraben. Meine Technik ist deshalb immer ganz links oder rechts vom Weg zu gehen. Da ist die Sandfläche noch etwas härter und man sinkt nicht so tief ein. Aber leider funktioniert das auch nicht immer wie gewünscht. Übrigens mein neuer Rucksack den ich mir für diesen Trip gekauft habe sitzt perfekt. Ich werde keine einzige Blase oder Scheuerstelle am Rücken und an den Schultern bis zum Schluss vorfinden. Ist mehrfach getestet von Wüstenläufern. Den Gepäckinhalt, besser gesagt das Gewicht dass man rumträgt entscheidet aber immer noch jeder selber. Wie gesagt, zum Start war meiner ohne Wasserflaschen ca. 11 kg. Einzelne haben ihr Sortiment so gestrafft, dass sie bei 8 oder 8,5 kg loslaufen konnten. Auch ich habe mich in den letzten Stunden vor dem Start von einigen Utensilien noch getrennt. Wieso zwei Ersatz T-Shirts. Eines tut’s auch. Auch beim Food hab ich knallhart nochmals optimiert. Das kann aber im schlimmsten Falle auch die falsche Entscheidung gewesen sein. We will see! Jedenfalls kann ich heute schon sagen, dass ich bei zukünftigen Läufen noch Potential habe und das sicher dann auch umsetzten werde. Jedes halbe Kilo mehr oder weniger kann entscheidend sein. Mindestens bei den Profis aber da bin ich ja definitiv nicht mehr vorzufinden.
Nachdem ich mich an CP2 etwas erholt habe mache ich mich weiter auf die Socken aber nun macht es definitive keinen Spass mehr und ich frage mich hunderte male warum ich mir das eigentlich an tue und dafür auch noch bezahle. Mein Gott, was hätte ich dafür gegeben wenn ich jetzt in meinem Büro sitzen könnte und eine Richtlinie oder ein kleines Konzeptchen, es darf auch etwas zu RSO sein, schreiben oder Studieren dürfte. Sicher nicht meine bevorzugten Aufgaben aber immerhin noch viel besser als das was mir jetzt blüht. Werde nun noch von Birgit und einer andren Spitzenläuferin eingeholt aber ich kann nicht mehr nachsetzten. Stelle aber auch fest, dass beide am oberen Limit wie ich angekommen sind. Jetzt heisst es einfach nur bis zum nächsten CP durchbeissen und dann irgendwie weiterschauen. Ich bin nun in etwa in der Hälfte von CP2 und CP3. Etwa hundert Meter vor mir sehe ich einen grossen Baum der etwas Schatten wirft. Es ist jetzt 15 Uhr und die Sonne knallt runter was das Zeugs hält. Später erfahre ich, dass es über 52° heiss war.
Ich nehme mir vor vorerst beim Baum mich in den Schatten zu setzten und wenn es sein muss eine längere nicht vorgesehenen Pause einzulegen. Von Nik dem Ami werde ich da aber bereits empfangen. Die gleiche Idee hatte nicht nur ich sondern wir waren jetzt zu sechst und somit wurde es  mit dem Schatten auch bereits wieder knapp. Von den anderen erfahre ich nun, dass die Rennleitung das Rennen eben neutralisiert und mind. für zwei Stunden gestoppt hat. Keiner darf nun mehr weiterlaufen. Somit legen wir uns hin, ziehen die Schuhe aus und machen es uns bequem. Ich sage zu Nik und den anderen ob sie den Song von ACDC kennen. “Highway to hell“. So fühle ich mich im Moment. Es dauert nur ein paar Minuten und der modernen Technik sei Dank, spielt Nik auf seinem Handy den Song ab. Wir haben alle sehr grosse Freude und alle Lachen ausgiebig darüber und singen den Text mit. Die Organisation muss nun auf Hochtouren arbeiten und irgendwann kommt ein Ranger aus der Gegend vorbei der aufgeboten wurde und bringt uns einen fünf Liter Kanister Wasser. Er sagt uns, dass wir bald Infos bekommen wie es weiter geht. Und tatsächlich so nach ca. 2 Stunden kommen sie uns abholen und bringen uns an einen Sammelplatz wo wir im Schatten auf einen alten Bus warten müssen der uns ins nächste Camp bringen wird. Nun ist eingetroffen was schon seit Tagen möglich gewesen wäre. Das Rennen, bzw. die heutige Königsetappe wurde abgebrochen. Sicher ein richtiger Entscheid. Die Gefahr, dass ein grösseres Unglück bei dieser Hitze passieren könnte war eindeutig zu gross. Zudem gibt es in Südafrika ein Gesetzt das besagt, dass bei Temperaturen über 45° keine Sportveranstaltungen mehr stattfinden dürfen. Der Entscheid wird von allen ohne Kommentar begrüsst und wir sind froh nun wieder in sicherer Umgebung zu sein. Es wäre nicht mehr lange gegangen und einige, es kann jeden treffen, hätten dehydriert. Wie ich später erfahren werde ist Ambros bereits bei CP1 aus dem Rennen gestiegen. Die Hitze war zu gross für ihn. Ich respektiere diesen Entscheid und er zeigt das grosse Verantwortungsbewusstsein von ihm, nicht bis zum Letzten zu gehen. Ich weiss wirklich nicht ob es bei mir noch lange gedauert hätte, bis ich auch zu diesem Entscheid gekommen wäre. Bei Abbruch des Rennens war ich bei km 23. Der Rücktransport dauert nun so seine Zeit bis alle an den verschiedenen Punkten in den Bus aufgeladen werden und wir noch gut 50 km durch die Wüste gefahren sind. Das Lager liegt zum Glück wieder am Oranje River. Jeder macht sich nun sein Essen und schon bald sind alle im Schlafsack verschwunden und machen sich so ihre Gedanken zum vergangenen Tag. Ich denke noch zurück an CP2 als mit eine Helferin folgendes afrikanisches Sprichwort auf den  Weg mitgegeben hat. “Bit the elefant step by step“ Iss den Elefanten Stück um Stück. Will heissen immer eines nach dem anderen dann kommt es schon gut. Nur so nebenbei, dass sollten wir uns in unseren hektischen und überorganisierten Welt doch öfter auch vornehmen. Denn Schlussendlich ist es doch so, it is like it is! So schlafe ich dann ein. Bin dankbar, dass nichts passiert ist aber auch etwas traurig über den Abbruch.

Zeit 6 Std. 05 Min. dann Rennabbruch
Gesamtrangliste nach Tag 4 / Rang 27
 

Mittwoch, 28.10.
5. Etappe, Ruhetag (so war’s wenigstens geplant)
gestaffelter Start ab 19.20 Uhr. Meine Startzeit 19.40 Uhr
47 km / 5 Check Points (CP)


Nachdem ich eine relativ gute Nacht verbracht habe steht uns nun ein  Ruhetag zur Verfügung. Wir Campieren an einem wunderbaren Flecken am Oranje River und schlagen uns den Tag mit Faulenzen, Massage und Regeneration um die Ohren. Ich laufe ein paar Meter aus dem Camp und finde einen tollen Platz direkt am Wasser. Unglücklicherweise rutsche ich auf einem nassen Felsen aus und falle hin. Der Kanadier der die gleiche Idee hatte wie ich sieht das und rennt sofort auf mich zu. Zum Glück es ist nichts passiert. Bin etwas nass ab sonst OK. Auf dem Rückweg bemerke ich dann, dass ich meine Sonnenbrille nicht mehr habe. Laufe nochmals zurück aber keine Chance. Beim Sturz ist sie ins Wasser gefallen und mit der Strömung auf und davon. Das ist natürlich etwas doof für mich. Es stehen noch zwei Etappen an und ohne Sonnenbrille wird das ein grösseres Problem werden. Eine Läuferin (Kanadierin) bietet mir dann aber ihre Reservebrille an falls ich sie möchte. Wenigstens etwas. Warten wir mal ab wie sich das ganze noch entwickelt. Wir wissen ja immer noch nicht wie es weiter geht, wenn überhaupt. Die Temperaturen sind auch für die nächsten Tage auf Höchstwerte eingestellt. Also über 45°  und die Gefahr besteht sogar, dass das ganze Rennen abgebrochen wird.
Eine erste Info erreicht uns dann gegen Mittag. Möglicherweise findet der nächste Start morgen so gegen 04.00 Uhr statt. Das wäre gar nicht so schlecht. Bei 47 km wären wir dann so gegen Nachmittag wider im Camp. Aber wie es so ist, was im Hintergrund alles nötig ist um sich auf diese spezielle Situation einzustellen wissen wir ja nicht. Gegen 15 Uhr heisst es dann plötzlich, dass noch diesen Abend die Etappe  als Nachtlauf  stattfinden wird. Grundsätzlich ist das ja gut aber mit der Ernährung haben wir uns jetzt schon anders eingestellt. Kurz gesagt wir haben noch 3-4 Stunden Zeit uns neu zu Verpflegen und auf den Lauf einzustellen. Für mich kein grösseres Problem freue ich mich doch sehr darauf in der Nacht zu laufen. Zudem ist es eine Nacht nach Vollmond und so wird die Strecke gut ausgeleuchtet sein.  Bevor wir aber zum Start kommen ist noch etwas Arbeit angesagt. Wir laufen ca. 300 Meter dem Fluss entlang und da wo ich meine Sonnenbrille verloren haben müssen wir uns mit Schwimmweste in ein Kanu setzten und auf die andere Seite rüber rudern. Mal etwas für die Arme und nicht nur für die Beine. Hat Spass gemacht obwohl ich bereits einen Schuh voll Wasser rausgezogen habe. So muss ich halt nochmals die Socken wechseln damit ich trocken loslaufen kann. Die erste Gruppe wird um 19.20 Uhr auf die Strecke geschickt und ich mit der zweiten, um 19.40 Uhr. Zuerst geht es auf einer Schotterstrasse (Hauptstrasse) rund 4 km geradeaus. Eigentlich richtig zum Einlaufen und sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Trotz fast Vollmond ist eine Stirnlampe unumgänglich. Dann geht’s links ab und in ein sehr sandiges Flussbeet. Das Laufen darin kennen wir ja. Hier ist aber der Sand besonders locker und tief und es macht grösste Mühe so weiterzukommen. Zudem ist es auch nicht gerade Kühl. Etwa 35°, ist aber besser als 15° mehr am Tage. Ich finde mich immer besser zurecht, und jetzt auf dem felsigen schottrigen Abschnitt läuft es mir sogar bestens. Kommt mir sicher auch entgegen, dass es nun etwas hoch geht. Die Schweizer Voralpen lassen grüssen. Und schon sind wir beim CP1. Es hat viele Läufer hier und das erstaunt mich doch sehr. Ich nehme Wasser und einen Gel zu mir und will weiterlaufen da bemerke ich erst, dass das Rennen wieder neutralisiert ist. Was ist den jetzt los wo ich gerade in ein Hoch gekommen bin. Später erfahre ich, dass der Streckenmarkierer nicht so schnell nach kommt die Strecke zu markieren. Nach ca. 40 Min. Pause geht es dann in 5 Min. Abständen los. Endlich, nach 30 Min. nach nach der ersten Gruppe laufe ich in einer fünfer Gruppe los. Setzte mich gleich an die Spitze und ab von den anderen. Nur eine Läuferin Teresa aus Hongkong holt mich ein und zieht gleich weiter. Da hänge ich mich lieber nicht an obwohl ich gerne mit ihr zusammen gelaufen wäre. Ist ja nicht zu verachten in einer tollen Vollmondnacht mit einer hübschen Lady etwas zu spazieren! Unser Abstand beträgt immer ca. 100 Meter zueinander und plötzlich laufe ich auf sie auf. Die nächsten ca. 15 km werden wir nun zusammen laufen. Wir ergänzen uns gut. Obwohl ich mich nach CP2 etwas zurückfallen lasse schliesse ich wieder zu ihr auf. Ich glaube, nein ich bin sicher ihr hat es auch besser gefallen mit mir zu laufen und wie gesagt zu zweit macht es mehr Spass. Ab jetzt bin ich es der das Tempo vorgibt aber wir ergänzen uns weiterhin sehr gut. Wir bleiben zusammen bis zum CP3, übrigens in der Nacht ist es nicht mehr nötig einen Pause an den jeweiligen CP’s einzulegen. Flaschen auffüllen und weiter. Jetzt mache ich noch etwas mehr Tempo da es mir ausgezeichnet läuft und Teresa mag nun nicht mehr mit halten. Dafür überholt mich Drikie. Diese Frau ist wirklich super drauf. Läuft ungemein leichtfüssig und konstant. Ich schätze sie wenig jünger ein als ich aber sicher auch schon über fünfzig. Versuche gar nicht an ihr dranzubleiben. Habe jetzt richtig Freude zu laufen wenn es so gut geht und ich fühle mich momentan in einem richtigen High. Die Strecke ist eine hin- und zurück Strecke. Am Kopf gibt es eine grosse Schlaufe. Dazu noch eine kleine Anekdote. Der führende Engländer Nathan läuft bereits aus der Schlaufe raus und ist sichtlich erstaunt, dass ihm ein Läufer (Italiener) entgegenkommt. Hat wie alle nicht damit gerechnet dass die schnelleren den langsameren entgegenlaufen. Also fragt er den Italo ganz erstaunt. Where are you coming? Dieser ist so erstaunt über die Frage und antwortet: From ITALY. Die Frage war natürlich anders rum gemeint. Über diese Episode wurde noch Tage danach herzhaft gelacht.
Seit dem ersten Tag an hat sich ein Spitzentrio herauskristallisiert mit Mamut einem Türken und Vorjahressieger, dem Engländer Nathan und einem dritten Läufer Namens Hylton aus SA. Ab dem dritten Tag waren dann nur noch Mamut und Nathan im Spitzenfeld und haben sich einen tollen Zweikampf geliefert. Und Hut ab immer fair und korrekt zueinander.
Ich bin jetzt auch schon weit über die Schlaufe hinaus und gut unterwegs Richtung Camp. Bei CP4 laufe ich auf  Drieki auf und lass sie gleich stehen. Ebenso überhole ich Ducan und einen weiteren Läufer und diese spenden mir dabei spontan Applaus für meinen Effort. Für mich heisst das, dass ich ganz vorne dabei bin und schon viele Läufer die nach dem Break vor mir gestartet sind überholt habe. Jetzt nur nicht einbrechen denke ich, das wäre nach diesem bisherigen Verlauf fatal. Zwischen CP4 und CP5 überhole ich Anthony, der ist mega erstaunt ist er doch gut 20 Min. vor mir losgelaufen. Jetzt merke ich dass heute etwas drin liegt und ich im Gesamtklassement in die Nähe von Anthony kommen kann. Diese Chance will ich natürlich packen, denn so schnell kommt diese Möglichkeit sicher nicht mehr.
Nach CP5 nehme ich meinen letzten Gel und hoffe schwer, dass dieser mich noch bis ins Ziel tragen wird.
Die nächsten 3 km sind wie auf dem Hinweg extrem schwer zu laufen. Plötzlich überholt mich der SA Hylton der im Gesamtklassement Dritte. Da bin ich schon erstaunt, dass ich vor ihm bin. Wie sich aber herausstellt und ich habe nicht falsch gesehen habe ich ihn bei der Sanität gesehen und sie haben seinen Blutdruck gemessen. War wohl auch für ihn etwas anstrengend in den letzten Tagen. Bin aber froh ist er noch im Rennen ist und weitermachen konnte. Mit dem Spitzen Duo hatte er aber schon vor diesem Start nichts mehr zu tun.
Auch bei mir wird es jetzt langsam schwierig. Zurück auf der Strasse und den letzten 4 km sehe ich hinter mir zwei Lichter die immer näher kommen und mich dann auch einholen. Es ist Drieki und ein anderer Läufer. Ich muss den Hut ziehen wie diese Frau konstant wie ein Motor läuft. Ich bin jetzt ziemlich auf den Felgen schaffe es aber doch noch mich an die beiden anzuhängen. Gemeinsam laufen wir dann nach über 7 Stunden ins Ziel. Welchen Rang ich gemacht habe weiss ich im Moment nicht aber es sind nicht mehr als ca. 15 Läufer vor mir angekommen. Jetzt heisst es auch noch zurück ins Camp und das würde  ja soviel bedeuten wie, dass wir wieder ein Stück zurückrudern müssten!!! Aber zum Glück gibt es ein kleines Gummiboot mir Aussenmotor. Bin ich froh, das hätte ich kaum mehr geschafft. Es ist jetzt 3 Uhr früh und ich nehme nur noch kurz einen Proteindrink und ein Bad im Fluss und dann ab ins Bett.  Bin überglücklich mit meinem Lauf und in der Tabelle bin ich vom 27. auf den 21. Gesamtrang vorgerückt. Ich schlafe sofort ein und höre nicht mehr wie die anderen in den folgenden Stunden zurückkommen.

Zeit 7 Std. 08 Min. dann Rennabbruch
Gesamtrangliste nach Tag 5 / Rang 21 / Tagesrang 12

 
On the road

Donnerstag, 29.10.
Ruhetag

Heute ist offizieller Ruhetag nur mit Ausschlafen wird es auch diesen Morgen nichts. Bin froh mindestens bis 7 Uhr gepennt zu haben. Jetzt knallt die Sonne schon früh runter und es ist mega heiss im Zelt. Auch draussen und Schatten findet sich nur sehr wenig. Wir verbringen den Tag mit rumhängen, Essen, Entspannen und um ca. 12 Uhr kommt das Massageteam für die wohlverdiente Entspannungstherapie. Das ist eine tolle Abwechslung. Bin jetzt auch ganz alleine im Zelt seit mich auch noch Ambros verlassen hat. Um 09.45 Uhr diesen Morgen kommen dann auch noch meine Freunde aus Pretoria als letzte ins Ziel. Spontan erhalten sie tosenden Applaus. Eine super Leistung die sie da hingelegt haben. Erstaunlicherweise laufen die immer als dreier Team zusammen und kommen auch immer gemeinsam ins Ziel.
Das Medical Team lässt heute auf sich warten und erscheint erst gegen 16 Uhr im Camp. Ist auch dringend nötig für die doch nun mehreren Blasen und Bobos. Habe eine mega Blase an der Verse eingefangen. Das wir höllisch Schmerzen bei der letzten Etappe.
Heute gibt es nochmal E-Mail Post von zuhause. Nadia ist erstaunt wie viele Mails sie für mich ausdrucken musste. Habe glaub ich den Tagesrekord gebrochen. Zuhause haben sie nicht sehr viele mitbekommen von den letzten Tagen. Wer nicht auf Facebook ist konnte mit den Infos auf der Homepage nichts anfangen. Das habe ich auch an den Mails gemerkt. So gegen 18 Uhr kommt dann der Race Direktor noch ins Camp und gibt uns die letzten Informationen für den morgigen Abschlusstag. Da wieder die Gefahr bestand dass das Rennen wegen der angesagten grossen Hitze annulliert werden musste hat sich die Rennleitung entschieden anstelle des vorgesehenen 25 km Laufes diesen auf 10 km zu verkürzen. Start bereits um 7 und für die zweite Gruppe um 7.30 Uhr. So umgeht man einen möglichen Abbruch.
Ich esse nun meine letzten Vorräte und merke dass für den morgigen Start nichts mehr passendes vorhanden ist. Kein Kartoffelstock.....nein!!!! Habe anscheinend doch etwas zu viel ausgepackt im letzten Moment. Aber diese 10 km schaffe ich sicher auch so noch ohne grösseres Frühstück.
 
6 Tage, alles im Rucksack dabei
 
Freitag, 30.10.
6. Etappe, 2 Gruppen Start um 07.00 Uhr und um 07.30 Uhr  bin, in der 2. Gruppe
10 km / 1 Check Point (CP)

Die Nacht war nicht eben sehr erholsam. Habe ca. 3 Stunden geschlafen und sonst mich immer von einer auf die andere Seite gewälzt. Jedenfalls war`s eine traumhafte Nacht mit einem unglaublichen Sternenhimmel. Habe mich extra so hingelegt. Dass ich mit dem Kopf ausserhalb des Zeltes war und den Himmel beobachten konnte. Ich weiss ja nicht wann ich das zum nächste mal wieder erleben werde. Die Blasen drücken und ich kann die rechte hintere Ferse kaum ablegen so schmerzhaft ist das. Eigentlich bin ich aber mit meinen paar kleineren Blasen noch sehr gut bedient wenn ich da zurück an den MDS (Marathon des Sables) denke. Der Unruhige Schlaf kommt aber auch sicher daher, dass die letzte Etappe anstand. Man weiss, dass man es eigentlich fast geschafft hat, trotzdem sind noch zehn Kilometer zu laufen und jeder Läufer weiss, dass auch auf so einer Strecke etwas dazwischenkommen kann. Ich nehme mir innerlich vor, nochmals richtig Vollgas zu geben. Müsste ja eigentlich zu schaffen sein. Der Rucksack ist fast leer und wiegt noch ca. einen viertel vom Anfangsgewicht. Das Frühstück fällt bei mir heute etwas knapper aus. Habe nämlich kein Food mehr dh. den letzten  Gel will ich mir nun wirklich nicht schon zum Frühstück reinziehen. So esse ich noch ein paar Nüsse und genehmige mir meinen letzten Vanille Peronin Drink. Gibt besseres aber was soll`s.
Und auf geht’s zur letzten Etappe “at home”. Merke gleich das dass eine sehr anstrengende Sache werden wird. Bis km 5 geht’s noch dann bin ich vollkommen leer und will gerade ins Laufen verfallen. Da kommt meine Freundin Drieki von hinten und lässt mich natürlich gar nicht aufgeben. Das war wirklich sehr lieb von ihr. Sie rennt besser gesagt sie zieht mich  bis ins Ziel neben sich her und muntert mich ständig auf nicht aufzugeben. Und dann taucht die Lodge auf wo wir am ersten Tag losgelaufen sind. Endlich, ich schaffe es.
Mit übergrosser Freude laufe ich mit den beiden anderen über die Ziellinie. Josef, Ambros und die anderen bereits eingetroffenen Läufer und etliche Angehörige feuern uns an und bejubeln uns.

I did it!!!!!

Nathan der Sieger

Und dann bricht alles über mir zusammen. Wer mich kennt weiss ja, dass ich meine Emotionen immer unter Kontrolle halten kann und mir auch in schwierigsten Momenten nichts anmerken lasse. Aber das war für mich zu viel. Ich bin in Tränen ausgebrochen und konnte nichts dagegen machen. Der Renndirektor und seine Frau Nadia haben mich getröstet und dann ist etwas passiert was ich mein Leben lang nie mehr vergessen werde. Nathan Montague der Sieger kommt zu mir und nimmt mich in die Arme, das war einer der schönsten Moment des ganzen Laufes für mich und danach ging es mir wieder viel besser. Das zeigt das Menschlichkeit und Respekt zu jederzeit in unserer Szene respektiert und gelebt werden. Danke vielmals.
Das von einer Fotografin geschossene Bild von uns zwei wird als eines der besten Bilder dieses Events  auserkoren. Später kam die Dame die es gemacht hat  zu mir und hat sich bedank für dieses tolle Bild. Natürlich habe ich das nicht extra gemacht aber in solchen Momenten kann alles passieren auch ungeplant. Jetzt konnte ich bei Bier und Süssgetränken den frühen Morgen mit allen anderen noch voll geniessen. Wir haben uns in den Pool gestürzt und Bier und Mineral getrunken als hätten wir Monatelang nichts mehr bekommen. Um 11 Uhr gabs dann noch ein tolles Fingerfood Buffet. Da haben wir zugeschlagen wie die Wilden. Erst um 14 Uhr konnten wir die Zimmer beziehen und haben uns dann sofort unter die heiss ersehnte Dusche gestellt. Anthony hat mir dabei den Vortritt gelassen weil ich ihn zum Schluss noch um etwas 6 Min geschlagen habe. Wobei mein Rückstand auf ihn mal mehr als eine Stunde betrug.  Er wird 22. ich behalten den 21. Rang in der Gesamtwertung. Bei den Männern werde ich sogar 15. Die beiden Oldies haben sich gut verkauft.
Abends gab es dann noch ein tolles Buffet am gleichen Ort wie an den ersten beiden Tagen vor dem Lauf. In einem offenen Zelt unter dem Sternenhimmel. Es war eine entspannte, Tolle und ausgelassene Stimmung und man hat allen angemerkt dass sie froh waren dieses Abenteuer gesund überstanden zu haben.
Von den 70 gestarteten Läufern haben schlussendlich 54 das Ziel nach 7 Tagen erreicht. Zudem ist es in der Geschichte des KAEM diesmal zum ersten mal zu einem Abbruch einer Etappe gekommen. Aber eben alles kann bei so einem Event passieren.

Zeit 1 Std. 02 Min.
Gesamt- und Schlussrang nach Tag 6 / Rang 21 / Männer 15

 

 
Samstag, 31.10.
Tag nach dem Rennen

Puh, diese Nacht war wirklich nicht das gelbe vom Ei. Eigentlich hätten wir jetzt in Ruhe und entspannt schlafen können aber Anthony ging es wie mir. Einschlafen ging, aber nach zwei Stunden um 1 Uhr Nachts war es vorbei. Irgendwie fehlte der Sand, der Wind, der Sternenhimmel und es war extrem stickig im Zimmer. Aber die Klimaanlage einzustellen getraute ich mich nicht. Will ja nicht die nächsten Tage flach liegen. Also waren wir beide um 5.30 Uhr hellwach. Ich konnte so bereits meine Fotos der vergangenen Woche runterladen. Um 07.30 gabs dann ein gutes Frühstück, etwas reichhaltiger als die letzten Tage. Anthony fährt mich dann ins nächste Dorf damit ich am Bankomaten etwas Geld abheben kann. Gestern Abend war das leider nicht möglich, da all die Einheimischen meterlang vor dem Automaten standen. Es war Freitagabend und Zahltag. Leider wird dieser dann sehr schnell in Alkohol umgewandelt und man sieht viele Menschen, die sogar noch am anderen morgen Betrunken sind. Ein grosses Problem. Wir holen Susanne, Anthonys Frau im Volontier Camp ab und fahren dann ca. 20 km auf der Hauptstrasse Richtung Westküste. Da gibt’s einen tollen Souvenirstand. Zurück im Camp nehmen die Beiden mich mit auf eine Autofahrt durch den Nationalpark. Wir sehen, Kudus, Springböcke, Klippspringer und eine ganze Gruppe Giraffen. Wunderschön, das war ein toller Morgen und ich habe schon einige Tiere gesehen. Mittag gibt’s einen Hambi und dann schreibe ich noch etwas an meinem Tagebuch. Es ist immer noch heiss aber bei weitem nicht mehr so wie die letzten Tage. Um 16.30 Uhr ist dann Besammlung und wir fahren zur uns bekannten Lodge, dem Hauptquartier der Rennleitung und des Staff. Die Siegerehrung ist eine tolle Sache. Jeder der den Lauf gefinisht hat erhält einen Leoparden aus Glas. Jeds Exemplar ist handgemacht und ein Unikat.  Es herrscht eine tolle Stimmung und alle sind glücklich und zufrieden mit ihrem Ergebnis. Ich bin happy mit meinem 21. Rang im Gesamtklassement und bei den Männern bin ich 15. Werden etwas später dann die Ergebnisse noch etwas genauer anschauen. Als Preis erhält jeder noch einen USB Stick mit den Bildern der vergangenen Tage.
Vor dem Buffet wird natürlich noch das Rugby Finale geschaut. Leider ohne SA. Neuseeland gewinnt gegen Australien und ist damit Weltmeister. Konnte mich in den letzten Wochen auch etwas mit diesem Spiel befassen. Gefällt mir eigentlich sehr gut. Vor allem die klaren Regeln (es gibt viele und ich verstehe eigentlich keine) und dass gegen den Schiedsrichter nicht reklamiert wird gefällt mir zudem sehr gut.
Zum Schluss des Abends sehen wir noch den Film über den Lauf. Ich bin sogar auch ein paar mal auf dem Film und einmal applaudieren alle Zuschauer mir sogar zu. Ein wirklich toller und würdiger Sieger ist Nathan Montague. Es war für mich eine Ehre mit ihm zu Laufen. Aber auch alle anderen Teilnehmer waren super Kameraden und Kameradinnen.
Abschliessend kann ich sagen es war ein wunderbarer und abwechslungsreicher Lauf und das Wort “Extrem“ hat dieses mal voll gepasst. Es gab Momente da war ich super drauf. z.B. am 4. Lauftag (Nachtlauf) mit meiner besten Platzierung 12. Rang. Am letzten Tag bei nur 10 km war ich dann total im Elend. Das ist aber auch irgendwie das spannende an unserem Sport. Hochs wechselt Tiefs ab und immer muss man selber dafür besorgt sein um aus der Situation wieder rauszufinden und in die Gegenrichtung zu wirken. Ich bin mir absolut sicher, dass ich durch diese und andere Erfahrungen für das Leben selber wieder einiges dazu gelernt habe.
Und zum Abschluss möchte ich mich doch noch korrigieren.  Ich bin nachdiesem tollen Abenteuer nun doch  felsenfest davon überzeugt, dass ich doch lieber die Variante “Rennen“ bevorzuge als Konzepte schreiben. Sorry!
 




Sonntag, 1.11.
Abschied nehmen


Irgendwann höre ich in dieser Nacht, es muss so gegen 3 Uhr früh gewesen sein, dass Anthony nach Hause kommt und versucht sich ohne grossen Lärm ins Bett zu legen. Er hat anscheinend gestern mit seinen Kollegen noch etwas länger gefeiert.
Um 6 Uhr früh ist für mich Tagwache und ich packe meine ganzen Utensilien zusammen. Duften ja herrlich meine Wüstenkleider. Muss unbedingt noch in einem der nächsten Hotels meine Wäsche waschen lassen. So lassen sie mich ja auf gar keinen Fall in die Schweiz rein.
Nach dem Frühstück verabschieden sich bereits die ersten die mit eigenem Auto angefahren sind. Auch Nadia und Etienne, die Rennleitung, winken uns zum Abschied noch zu. Ein wunderbares Team. Sie haben diesen Lauf gegründet und über die Jahre stetig weiterentwickelt. Eine grossartige Leistung die viel Manpower und Ausdauer benötigt.
Wir werden mit dem Bus an den Flughafen von Upington gebracht. Da bin ich doch erst gerade ausgestiegen. Es ist schon erstaunlich wie schnell die zehn Tage verstrichen sind.
Josef und Ambros fliegen praktisch gleichzeitig wie ich ab nur machen sie in Cape Town noch einen Tag Zwischenhalt. Waren tolle und liebe Freunde die ich hier kennengelernt habe. Hat richtig Spass gemacht mit Ihnen. Dank ihrem Markenzeichen der Österreichischen Flagge die Ambros immer mitgetragen hat während dem Rennen, werde ich mich sicher noch lange an sie beide zurückerinnern. In Johannesburg heisst es dann auch noch vom Rest der Truppe Abschied nehmen. Wie es so ist, man verspricht sich dass man sich sicher an einem nächsten Rennen oder sogar in einem Jahr an gleicher Stelle wieder sehen wird. Hoffentlich, wäre wirklich schön und in meiner Planung ist der KAEM für nächstes Jahr schon eingeplant.